Kleine „Elementen-Lehre“
Denken Sie vom Boden zur Pflanze.
Niemals umgekehrt.
Pflegen Sie zuerst den Boden, dann erst die Pflanze.
Seien Sie „tierlieb“!
Versorgen Sie das Leben im Boden, all diese fleißigen, hübschen Mikro-Organismen – und diese Würmer, Käfer und Larven …
Erhalten Sie den Lebensraum für diese prächtige Tierwelt, pflegen Sie Böden.
Pflegen Sie Ihren Boden, pflegen Sie Pflanzen.
Ihr Gartenboden ist kein Gefäß.
Ein Gefäß können Sie bestücken mit irgendeinem Substrat, passend für irgendeine Pflanze. Stirbt die Pflanze, können Sie das Gefäß säubern …
Ihr Gartenboden aber ist kein Gefäß. Sie können ihn nutzen, ihn verwöhnen, ihn sogar verkaufen oder vererben – für den kommenden Gartenmenschen und für die nächste Generation.
Sie können Ihren Gartenboden auch missbrauchen, ihn ausbeuten, ihn arm und krank machen … wertlos machen für kommende Gartenmenschen, für folgende Generationen.
Sie können ihn aber nicht bestücken mit irgendwelchen Pflanzen.
Ihr Pflanzengefäß können Sie sogar zerdeppern, aus einer Laune heraus, aus einem Missgeschick, und es schließlich im Restmüll entsorgen oder als Trödel handeln. Mit Ihrem Boden geht dies nicht.
Depotdünger, mineralischer Langzeitdünger, Flüssig-Dünger, Pflanzenschutzmittel für Ihre Pflanzen?
Aber ja, es ist möglich, mitunter hilfreich, bequem, gar sinnvoll: zum Beispiel Mineraldünger für Ihre Pflanzen in irgendeinem Gefäß. Ist da nichts, in dieser Erde im Gefäß, wächst da nichts. Versteht sich gut.
Eine geschwächte Pflanze dankt wohl möglich die Gabe eines Stärkungsmittels. Sie machen sich derweil schlau und suchen nach dem Grund der Schwächung. Eine starke Pflanze braucht kein Stärkungsmittel. Sie machen sich schlau, wie Sie das nachhaltig hinbekommen.
Jahr für Jahr aber ausgebracht in Ihren Gartenboden, diesen Mineraldünger, und auf Ihren Pflanzen, diese Sprühmittel: Sie sind ein bequemer, schlechter Gärtner, eine bequeme, schlechte Gärtnerin. Ihre Tierwelt in Ihrem Boden packt die Koffer und emigriert verärgert zum Nachbarn.
„Organische Substanz, Kompost“ hört man diese kleine Welt noch mahnend rufen. „Da hätten wir was zu tun!“, so deren Erklärung. „Organische Substanz! Unsere Ressourcen für die tägliche Arbeit! Wir könnten Familien gründen und sie ernähren, Städte bauen mit wunderbarer Infrastruktur – und ein glückliches, aktives Leben führen“.
Mineralische Dünger sind Nährstoffe, die den Pflanzen sofort verfügbar sind: „Power-Food“.
Mineralische Dünger sind für die Familien der Kleins-Lebewesen im Boden eine reinste „Produktschwemme“ unbekannter Herkunft, sie sorgen für Arbeitsplatzabbau und Insolvenzen, für Armut … sie machen brotlos. Alles schon fertig, in diesen Mineraldüngern und Sprühpräparaten, nur für die Pflanze! Keine Produktion und kein Handwerk in den großen Branchen Stickstoff, Phosphor, Kalium, kein Lohn und Auskommen im Kleingewerbe rund um Bor, Zink, Eisen oder Mangan – keine Familiengründung, kein Städtebau, keine Infrastruktur – Migration? Wer bleibt, hungert weg.
Mineralischer Dünger denkt von der Pflanze abwärts bis Oberkante Boden. Dann setzt das Denken aus. Da hilft keine Harke, kein Schlauch voll Wasser.
Mineraldünger, Stickstoffgehalt 12 Mikrogramm. Wasserlöslich. Kompost, Stickstoffgehalt 0,12 Mikrogramm. Nicht wasserlöslich.
„Power-Food“! Im Frühjahr ein Langzeitdünger mit Wirkzeit von 3 Monaten: Im Boden herrscht Panik. Was will man in dieser Zeit als „Boden-Organismus“ machen: Koffer packen, auswandern, soweit es möglich ist, und dies im April, Mai, Juni!
Ihre Nachdüngung ab Juli. Oder gar im April einen bequemen Depotdünger mit 6 Monaten Wirkdauer: Saisonale Migration!
Praktisch.
Bequem.
Fahrlässig.
Die Pflanze schluckt, was sie bekommt. Mineralische Dünger sind Rauchmittel im Garten, Doping. Der Dealer sind Sie. Sie machen die Pflanze abhängig von der Handvoll Dünger aus der Tüte.
Bekommt die Pflanze im Frühjahr satt, wächst sie satt. Stickstoff macht großes, weiches, fettes, mitunter glänzendes Laub.
Ist das Dopingmittel verbraucht, will die Pflanze neu. Bekommt sie nichts, hat sie nichts – und bricht ein.
Ein gedopter Marathonläufer, der im letzten Drittel keinen Nachschub bekommt, bricht ein. Kein Nachschub, kein Sieg.
Ihr Pflanze steht in Ihrem Garten wie in einem Gefäß – und wächst wie ein gedopter Marathonläufer läuft.
Pflanzen, die einbrechen, zeigen uns diesen Mangel: fahles Laub, die ersten Blattflecken, schlecht ausgebildete Triebspitzen und mangelnde Blüten.
Fahrlässig Teil 2.
„Power-Food“ trifft Antibiotika. In Pflanzenschutz-Präparaten finden Sie mitunter: Stickstoff (N). Fungizid und Insektizid mit „Power-Food“ – verabreicht übers Blatt.
Die Pflanze richtet sich auf, ruckelt sich zurecht. Der Boden geht wieder leer aus.
Die Pflanze schluckt alles. Sie muss! Umziehen kann sie nicht, ducken geht nicht, „schmeckt nicht“, gibt’s nicht! Also rein damit, dies alles irgendwie verarbeiten. Die Kleinstlebewesen des Nachbarn schauen zu – und schütteln ihren kleinen Kopf.
Sie spritzen derweil zuversichtlich. Hat auch im letzten Jahr geklappt! Das Laub sieht aus wie eine Ausgehuniform! Sie freuen sich über die schönen, gesunden Rosen …
Sie teilen gern, Sie zeigen Ihren Garten, Nachbarn, Freunden, Besuchern – im World Wide Web, auf Ihrer hauseigenen Webseite. Sie geben Tricks und Tipps rund um Ihre Pflanzenpflege …
Über Ihre Böden sagen und schreiben Sie nichts.
Sie bleiben eine schlechte Gärtnerin, ein schlechter Gärtner! Ein schlechtes Vorbild! Sie schreiben ab! Sie betreiben Augenwischerei! Sie schummeln! Sie dealen! Sie schaffen Abhängigkeiten und die Illusion eines saisonalen Opernballs auf Ihrer Scholle!
Dieser Nachbar! Dieser faule Kerl! Der kümmert sich um nichts! Der sitzt doch ständig in seinem Stuhl, windgeschützt, sich räkelnd, genießt Torte und Kaffee, schaut, was und wie alles bei ihm wächst und gedeiht und macht einfach nichts: Mit 0,12 Mikrogramm Stickstoff im Boden, bereitgestellt von den fleißigen Helferlein für ihn und seine Pflanzen. Dieser Ausbeuter!
Was aber für ein Leben da unten! Da wirft man die Krumen, sofern man mag, beherzt mit um, verarbeitet dies, verarbeitet das, produziert am Stück prächtige Produkte, die dankbare Abnehmer finden. Ein buntes Treiben, oben wie unten. Ein schönes, ausgewogenes Miteinander. Keiner schert aus. Alle für jeden, jeder für alle. Bald schon Kitsch!
Was bei Ihnen und beim Nachbarn wächst, es ist wahrlich Geschmacksache! Lernen Sie aber vom Nachbarn … und der Nachbar von Ihnen. Gärtnern Sie einmal gemeinsam …
Im Spätsommer und Herbst wollen Pflanzen keinen Stickstoff.
Dieses „Gärtnerwissen“ ist schlicht; zuerst der Boden, dann die Pflanze … und Pflanzen wollen im Herbst keinen frei verfügbaren Stickstoff.
Bekommt die Pflanze im Spätsommer Stickstoff, reifen ihre Triebe nicht, härten nicht aus, sondern wachsen, wachsen, wachsen …
Ein Mikrogramm Stickstoff-Rest vom Depotdünger im Herbst, es heißt: Wachsen! Sofort verfügbar, wasserlöslich: Es wird geschluckt und verarbeitet. „Vollwertiger“ Depotdünger mit Kalium, Phosphat, Magnesium – und vielen, jenen Spurenelementen, wie Eisen, Zink. Es wird alles geschluckt.
Beim Nachbarn indessen kehrt Ruhe ein. Wohlverdiente Pause. Kein Nichtstun, jedoch gemächlich wird’s und verlangsamt. Alle sind etwas müde. Die Saison war anstrengend. Kühl ist es geworden! Der Winter kommt, der erste Frost, man weiß …
Den Gartenstuhl eingeräumt, ab ins Haus, den Ofen an und etwas Lektüre über Spurenelemente in einem gesunden Boden.
Mineralischer Dünger mag die Produktivität landwirtschaftlich genutzter Flächen steigern, somit den Ertrag, den erhofften Gewinn, die Rendite. Das Maximum des Möglichen, Jahr für Jahr. Monokulturen, Arbeitsabbau, Verarmung, Migration: die Rendite aber muss stimmen. Der Umsatz muss stimmen. Gärtnern aber ist das nicht.
Sie brauchen einen gesunden, lebendigen Boden.
Mineralischen Dünger, Stärkungs- und Pflanzenschutzmittel indessen brauchen Sie nicht. Kein Boden braucht diese Mittel, auch keine „effektiven Mikroorganismen“ oder „Aktivatoren“ aus Tüte und Flasche. Ihre Pflanzen brauchen dies nicht. Ihre Rosen brauchen dies alles nicht.
Was nicht gekauft wird, wird nicht weiter produziert …
Pflegen Sie einfach Ihren geliehenen Boden. Machen Sie sich schlau und finden Sie Spaß daran.