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Der Duft der Rosen

(…) Und Schönheit ist der
Sinn
Der Welt. – Schönheit genießen, heißt die
Welt
Verstehn.

Otto Julius Bierbaum, Sub rosa veneris, VI
aus: Irrgarten der Liebe, Berlin/Leipzig 1901, S. 373-374.

Inhalt

Chemische Formel phenylethyl-alcohol 2-Phenylethanol – wenn etwas anderes als Rosen nach Rose duften soll …

Quelle: Wikimedia.

Moos von ‘Japonica’ Duftender, bemooster Trieb von ‘Japonica’ …

Biene auf ‘Frühlingsduft’ ‘Frühlingsduft’ mit Gast.

“Lila Preetz” “Lila Preetz” (Fundrose), eine meiner Lieblingsdüfte: sehr herb, zugleich fruchtig, tief – wie ein guter Wein.

Kleine Biologie des Duftes

Die Natur vermeidet Unnötiges. Der Duft der Rose, die Farbe und die Form der Blüte sowie die Stacheln (die sog. Bewehrung) sind aus der nüchternen Sicht der Rose Mittel für bestimmte Zwecke. Allein der Schönheit willen oder der Duft an sich sind der Natur fremd. Und was wir heute – sachlich und nüchtern – als Blütenbiologie aus der Schulzeit erinnern, behandelt nichts geringeres als die folgerichtigen Fragen, Warum die Blüte ist, wie sie ist, und wie dass denn mit den Blümchen und Bienchen so vor sich geht.

Christian Konrad Sprengel, Das entdeckte Geheimnis der Natur, Berlin 1793, Faksimiledruck, Berlin 1893, Bd. VII., Mayer & Müller.

Digitalisiert zu lesen unter Olaf Müller [dort wird die Ausg. 1893 als PDF-Datei angeboten], Deutsches Textarchiv [nur mit aktiviertem JavaScript brauchbar].

Die Erkenntnis, das Bienen nicht zweckfrei Blumen aufsuchen und Blumen nicht zweckfrei Blüten haben und duften, ist mindestens 200 Jahre alt – weit vor der Zeit Charles Darwins gedacht – und ist in die wissenschaftliche Welt gekommen, weit vor unser ersten Schulstunde im Fach Bio. Ein Spandauer Theologe und Gymnasiallehrer, Christian Konrad Sprengel, wies 1793 den Weg: Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen, (Berlin, 1793).
Das entdeckte Geheimnis nennen wir mit Darwin heute Ko-Evolution: Die Biene kann nicht mehr ohne Blume, die Blume nicht mehr ohne Biene sein; man bestreitet die Zukunft gemeinsam. Diese gegenseitige Abhängigkeit erscheint uns heute recht trivial, vielleicht für einige Zeilen und Illustrationen für ein Kinderbuch wert. Jedoch bedurfte diese Erkenntnis des Zusammenspiels von Blume und Insekt damals (wie heute) durchaus eines innovativen Geistes:

Zwei verschiedene Lebewesen aus Flora und Fauna sichern sich gegenseitig ihre Existenz – und können nicht mehr anders?!

Ein zunächst abwegiger Gedanke, der zudem gehörig am Selbstbild der Zeitgenossen Sprengels nagte, denn ein Handeln, das einem wechselseitigen Zweck dient, schien allein der Krönung der Schöpfung eigen, uns Menschen. Doch Sprengel hat recht gesehen: Um das Überleben der eigenen Art zu sichern, produziert eine (schöne) Blume Nahrung für ein (fleißiges) Insekt.

Der Zweck des für uns nicht in Gänze wahrnehmbaren Duftprofils der Rose ist nun, zunächst eine Art Kommunikation mit den für die Bestäubung notwendigen Insekten (Fliegen, Käfer, Bienen) herzustellen. Duftmoleküle für das Anlocken von Insekten – z.B. von Bienen – sowie Bestandteile, die angelockte Bienen leicht betäuben (Phenylethanol), schließlich solche im Bereich des Pollens, die dem vertrauten Geruch des Bienenstocks ähneln (würzig Eugenol, fruchtig Citral), um die Biene zum Verweilen und Naschen zu bewegen, skizzieren die fein abgestufte Funktion des Duftes. Man könnte darüber – und so ähnlich ist es wohl den zweifelnden Zeitgenossen Sprengels ergangen – leicht zum Glauben finden, dass es einst eine Zeit gegeben haben muss, wo etwa Rosen sich aufgemacht haben, einen Bienenstock zu besuchen, um sich vor Ort über die bevorzugten Düfte und Ernährungsgewohnheiten zu informieren. Vielleicht sogar mit dem Vorschlag im Gepäck, man könne doch gemeinsam …
So war es ja sicherlich nicht! Die heute aber bekannte chemische Verwandtschaft von Bienenstock-Düften und Rosenduft, aber auch die verschiedenen Formen und Farben von Blüten im Spiegelbild der Wahrnehmung von Insekten, macht die Faszination des mutigen Ansatzes Sprengels deutlich und zeigt die Schwierigkeiten, die Herkunft dieser Ko-Evolution damals wie heute – im Detail – zu denken …

‘Rose de Resht’ mit Biene Schwerer Einkauf – Bienchen auf ‘Rose de Resht’

Wissen wir noch wenig über die Herkunft dieser Koevolution, kennen wir doch recht genau die Funktion: Blüten sind im Grunde Werbemaßnahmen, die einen sorgfältig kalkulierten Tauschhandel einfädeln: Bestäubung im Tausch für eine Beinladung Pollen oder (seltener bei Rosen) einem Mahl süßen Nektars! Duft steht dabei durchaus im Dienst einer Art parallelen Wirtschaftswelt der Natur, die wir sogar nachahmen:
Wenn Düfte vom Wind weit getragen werden, ist dies vergleichbar einer Wurfsendung, wie wir sie gelegentlich selbst großräumig verteilen oder in unserem Briefkasten finden. Der Duftstrom im Wind ist dann die Anfahrtsskizze auf unserer Wurfsendung. Blütenfarben und Blütenformen zeigen deutlich den Park- respektive Landeplatz vor Ort an und die Staubgefäße — Pollen und Nektar — sind die konkreten Warenangebote des Hauses Rose … So greift alles ineinander und hat seine Aufgabe (…)

Eine kleine poetisch-philosophische Reflexion sei erlaubt

Welche Rolle spielen wir bei dieser ewigen Geschichte von Biene und Blume? Nun, wir sind streng und selbstkritisch gesehen reine Nutznießer dieser lebenserhaltenen Ökonomie der beiden; wir ernten Rosen, Duft, Honig. Die philosophischen und poetischen Rätsel über Schönheit an sich, die wir gelegentlich haben, lösen sich mitunter recht kühl und profan als eine Art Kosten-Nutzen-Kalkulation auf, zu der wir – in diesem Fall – nichts beitragen …
Jedoch, wie weise denkt es Bierbaum: Schönheit ist der/ Sinn/Der Welt. – Schönheit genießen, heißt die/ Welt/verstehen. Das können wir! Wir können die Welt verstehen. Man öffnet dabei die Augen weit und hält die Nase staunend an diesem Zauber der Natur! (…)

Exkursion: Die Bedeutung der Fremdbestäubung durch Insekten – und die Frage nach Rosenzucht und Duft

Bild von Charles Darwin Charles Darwin, Foto von 1854

Quelle: Wikimedia..

Die Bedeutung der Fremdbestäubung durch Insekten wurde u.a. von Charles Darwin (1809-1882) wieder entdeckt. Er kannte Sprengels Arbeit von 1793. (…) Darwins Arbeiten über Die Wirkungen der Kreuz- und Selbst-Befruchtung im Pflanzenreich von 1876 und Die verschiedenen Blütenformen an Pflanzen der selben Art von 1877, zeigen die inhaltliche Verwandtschaft zu Sprengel. Darwins Arbeiten fassen die Ergebnisse umfangreicher eigener Untersuchungen und Experimente der Bestäubung von Pflanzen zusammen, z.B. dass unterschiedliche Blütenformen verschiedene Fremdbestäubungen ermöglichen und Fremdbestäubungen oftmals zu stärkeren, robusteren Nachkommen führen als bei der reinen Selbstbestäubung.
Bei der Rose finden wir beide Formen der Bestäubung und damit der Neuordnung und Verbreitung genetischer Informationen. Für die reine Selbstbestäubung freilich bedarf es keines Duftes:

man muss nicht, salopp gesagt, gut riechen, ist man sich selbst genug!

Duft steht mithin im Dienst der erfolgreicheren Bestäubung durch fremder Hand. In der Rosenzucht werden beide Formen berücksichtigt, indem durch das rechtzeitige Entfernen des Pollens der einen Elternpflanze die Selbstbestäubung verhindert wird, und der Pollen der zweiten Elternpflanze auf die frei stehende Narbe der ersten aufgebracht wird: Wir übernehmen in der Rosenzucht die Rolle der Bienen. Ein wichtiger Unterschied ist freilich der, dass nicht der Zufall und die Evolution neue Genpartnerschaften erzeugen, sondern wir, kontrolliert und mit dem Wunsch, bestimmte Eigenschaften in der neuen Sorte zu vereinen, wie zum Beispiel die von Haltbarkeit der Blüte und Duft (…)

Die chemischen Bestandteile des Rosen-Duftes – Nase, Hirn und Kultur

Die Bestandteile des Duftes der Rosen sind bis heute nicht alle bekannt. Die rund 300–500 bekannten Bestandteile (je nach Sorte und Zählweise) aber lassen den komplexen molekularen Aufbau von Duft erahnen und die komplexe Symbiose zwischen Insekt und Pflanze. Von dieser Molekülfülle gelangen für uns nicht alle wahrnehmbar an unsere Menschen-Nase; einige der stark flüchtigen Duftstoffe nehmen wir nicht mehr wahr, wenngleich wir deren Existenz mit Hilfe chemischer Analysen nachweisen können (Chromatographie u.a.). Mit unserem hauseigenen Riechorgan jedoch nehmen wir eher grob Duftnoten als Gemenge einzelner Duftstoffe wahr und unterscheiden (uns genehm) diverse Geruchsqualitäten: blumig, fruchtig, würzig, faulig, harzig u.a.; als Rosen-Duftnoten: Apfel, Himbeere, Zitrone, Veilchen, Geranie, Kresse, Pfeffer, Nelke, Myrrhe, Moschus, Moos, Honig, Tee (…)

Moleküle, Gemenge und die Wirkung von Duft in Nase und im Hirn

Fünf Sinne in der Kunst Riechen … – [bitte öffnen]

Eine interessante Untersuchung über die Wirkung von Duft aus der Hirnforschung zeigt, dass einzelne Duftstoffe eine je spezifische Wirkung (Geruchseindruck) hervorrufen, indem sie bestimmte Areale des Gehirns anregen. Gemenge solcher Duftstoffe als Duftnoten indessen erzeugen eine Wirkung, die von der jeweiligen Wirkung der Einzelbestandteile gänzlich unterschiedlich sein kann. Man fand Areale im Gehirn, die auf solche Mischungen von Duftkomponenten spezialisiert sind und spezifisch angeregt werden, sofern die Mischung stimmt. Die Wahrnehmung solcher Mischungen ist erlernbar (Konditionierung bei Tieren, Teil des kulturellen Erbes beim Menschen) oder genetisch mitgegeben.

Auch für den Duft, seinen Komponenten und deren Wahrnehmung gilt offenbar, dass ein Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile und das Nasen beim selben (Rosen-) Duft unterschiedliche Geruchserlebnisse haben können.[1]

Über die künstlerische Darstellung unserer Sinne zu deren Erforschung ist es ein weiter, spannender Weg …

Duftintensität oder die Frage: Wer oder was duftet denn da wie …?

Die Begriffe Duftforschung und Hirnforschung mögen manchem zu kühl, zu nüchtern, allzu sachlich klingen und das Wort Rosenduft indes warm, geheimnisvoll und offen sein. Jedoch entzaubert die Duftforschung keineswegs das bald poetische Erlebnis Rosen-Duft. Das breitgefächerte Forschungsgebiet macht vieles rund um den Duft allererst verständlich und bietet einen erweiterten Zugang zu den eigenen, vertrauten Erfahrungen von Duft, Erfahrungen freilich, die uns manchmal regelrecht täuschen können! Wenn z.B. die Duftintensität einer Rose abzunehmen scheint, mag es schlicht daran liegen, dass wir fortwährend die Nase an der Blüte halten: Unsere Geruchsrezeptoren ermüden zunehmend für diesen jeweiligen Duft (sog. phasische Rezeption), was wir gerne mit einer Abnahme der Duftintensität oder einem nicht Vorhandensein von Duft verwechseln. Dieses Phänomen tritt nämlich auch dann auf, wenn wir mehrere Rosensorten mit ähnlichem Duft (ähnlichen Duftstoffen) nacheinander an unseren Nasen halten und meinen, zum Ergebnis finden zu müssen, dass die zuletzt wahrgenommene Rose nicht so stark wie die erste Rose duftet. Dabei ist es ganz anders:

Gelegentlich braucht auch die Nase eine Pause!

Da Geruchsstoff und Geruchsrezeptor aber spezifisch sind, bleibt unsere strapazierte Nase für andersartige Duftnoten (anderer Rosen) offen … wir können die Pause also sinnvoll nutzen! (…)

Weitere Forschungsgebiete der Duftforschung sind: Die psychologische, soziale und kulturelle Bedeutung des Duftes. Düfte können Empfindungen und Stimmungen hervorrufen und Erinnerungen wecken: freudig lächelnd wird festgestellt: die Rose duftet wie die Rose aus Kindertagen! Die geweckten Emotionen (Freude) und Assoziationen (Kindertage) stehen dabei stets in einem persönlichen und kulturellen Interpretations-Kontext, wie es das Beispiel Weihrauch vielleicht am deutlichsten macht: Der Duft von Weihrauch ruft in muslimischen Kulturen gewiss andere Assoziationen hervor (Gewürz, Heilmittel, kultische Reinigung) als im Kontext der christlich-abendländischen Kultur heute (katholische Liturgie, Weihnachtsfest, Heilige Messe, Gebet; Sommerbepflanzung).
Assoziationen zu Düften beruhen offenbar einerseits auf persönliche Erfahrungen, d.h. sie sind individuell interpretiert: Omas Weihnachtsfest – anderseits sind sie auch kulturelles Erbe und erlernte Wahrnehmung (z.B. Weihrauch und die katholische Liturgie). Die Beantwortung der Frage, wer oder was duftet denn da wie …?, zeigt auch ein kleines Spiegelbild unserer eigenen, kulturell eingebundenen Biographie. Dies allein macht es schon schwierig, Duft zu objektivieren (…)

Wenn Duftrosen nicht duften … – Duftspeicher, Rosenöl und Vasenrosen

Dass unsere Nase durch oben erwähnten Gewöhnungseffekt uns glauben machen kann, eine Rose duftet weniger intensiv als eine andere Rose oder gar, dass eine Rose gar nicht duftet, fügt sich an die Frage, ob Duft-Rosen von sich aus überhaupt ständig duften und mit stets gleicher Intensität. Es muss und darf einmal hervorgehoben werden:

Keine Rose duftet 24 Stunden am Tag!

Geschweige denn in gleichbleibender Intensität. Es kann also sein, dass eine Rose durchaus stark duftet, nur just in dem Augenblick nicht, wenn wir unsere Nase an ihr halten.
Warum das so ist, erklärt sich gut, wenn man die Quellen des Duftes genauer lokalisiert.

Die Duftspeicher der Rosen — und die Rosenindustrie

Eine Quelle des Duftes können die Blütenblätter (die Petalen) der Rose sein. Die Petalen halten den Duft fest, ähnlich dem Wachs bei einer Duftkerze. Sind die Bedingungen günstig, öffnen sich die Petalen und setzen den Duft innerhalb eines Zeitfensters frei. Solche günstigen Bedingungen sind z.B. warme und feuchte Witterungsverhältnisse. Warme und feuchte Luft transportiert Düfte gut. Deswegen duften viele Rosen besonders gut an einem taugetränkten, warmen Sommermorgen oder an schwül-warmen Sommertagen, wohingegen an kühlen Herbsttagen oder gegen Abend der Duft häufig geringer ist oder ausbleibt. Rosen duften also besonders gut, wenn die Bedingungen günstig sind, es ist ähnlich mit einem gut temperierten Wein …

Duftbriefmarke mit Rosenmotiv Duftende Briefmarke 2010
(Duftstoffe: d-Limonen, Geraniol)
Rosenduft aus dem Baukasten

Quelle: Wikimedia. Design Stefan Klein, Olaf Neumann; 55 Cent-Marke.

Die Blütenblätter mancher Rosensorten sind gute Duft-Speicher: Sie halten den Duft gut fest. Diese Sorten duften bevorzugt dann, wenn sich deren Blüten öffnen oder sich schon weit geöffnet haben. Andere Rosen hingegen duften schon zart in ihrer Knospe; die Duftstoffe sind dann flüchtiger oder — so kann man es verdeutlichen — die Petalen sind schlechte Duft-Speicher! Die Rosenölgewinnung bevorzugt solche Rosensorten, deren Petalen nicht nur einen hohen Anteil an Duftmolekülen haben, sondern auch gute Speichereigenschaften. Solche Rosen halten den Duft – bzw. die Duftöle oder Duftstoffe – länger und sicherer in ihren Blütenblättern. Früh morgens geerntet, wenn der Ölanteil noch am höchsten ist, gehen diese kleinen Duftspeicher gleich zur Destillation, bei der (umgerechnet) aus rund 3-5 kg Petalen (je nach Rosensorte) etwa 1 g Rosenöl und einiges mehr an Rosenwasser gewonnen wird.[2]

Die Blütenblätter sind nicht die alleinige Quelle des Rosenduftes! Bei einigen Rosensorten duften die Blütenblätter sogar wenig, dafür verstärkt die Staubgefäße, deren Duft dann gleichfalls in einem bestimmten Zeitfenster des Aufblühens freigesetzt wird. Es ist häufig ein eher milder aber besonders angenehmer, warmer Duft.
Schließlich liegt die Quelle des Duftes bei einigen Sorten sowohl in den Petalen als auch in den Staubgefäßen. Feine Nasen können diese zarten Duftdifferenzen von Blütenblatt und Staubgefäß wahrnehmen, so dass die Rose für die selbe Nase während des Auf- und bis zum Verblühen unterschiedliche Duftnoten freisetzt, wodurch die Bestimmung der Duftnote komplex und schwierig wird.[3]

Der Duft von Wald und Äpfeln – weitere Quellen des Rosenduftes

Knospe von ‘Japonica’ Das aromatisch duftende Moos von ‘Japonica’ erinnert tatsächlich etwas an die Blattlaus …

Neben Blütenblatt und Staubgefäß gibt es weitere Quellen des Rosenduftes: Das Moos der Moos-Rosen oder die Laubblätter einiger Rosensorten. Die ersten Moos-Rosen sind gegen Ende 16. Jahrhundert in Holland entstanden, es waren Knospen-Mutationen von Rosen aus der Rosenklasse der Zentifolien. Das Moos der Moos-Rosen ist im Aufbau vergleichbar mit den Brennhaaren der Brennnessel. Es sind Auswüchse des Blütenkelches und gelegentlich des Stängels. Allerdings verursacht die Berührung des Mooses keine Quaddeln wie bei der Brennnessel! Es ist vollkommen unbedenklich, schlimmstenfalls klebt das Moos etwas an der Haut. Um den Duft des Mooses aber auskosten zu können, reibt man es etwas zwischen den Fingern, die Duftöle werden freigesetzt – Moos und Finger duften. Und so mancher Kunde, der sich anfangs sträubte, auch nur das Moos zu berühren (es erinnert ja in der Tat mitunter an einem dichten Befall durch die Blattlaus, s. Bild rechts), mochte die Finger nicht mehr von Knospen und Nase lassen (…)
Die Duftnoten des Mooses liegen zwischen geschnittenem Gras, Wald, Harz, stets sehr aromatisch, ähnlich bekannter Fichtennadel-Badeessenz. Gelegentlich mischen sich Düfte von Gewürzen und Kräutern unter (Nelke, Thymian etwa). Interessant wäre es zu erfahren, ob diese Laune der Natur einen – biologisch nachvollziehbaren – Zweck verfolgt, zum Beispiel – wieder ähnlich den Brennhaaren der Nessel – um Verbiss zu verhindern oder einzuschränken. Denn Duft als Abwehrstrategie ist in Flora und Fauna bekannt (bei Rosa foetida namengebend und besonders naheliegend).
Die meisten Moosrosen stammen zwar von den Zentifolien ab, aber auch eine Damaszener zeigt diese drüsige Bemoosung und auch einige Moderne Züchtungen zeigen diesen duftenden Pelz.

Beispiele verschiedener Duftquellen und Duftnoten der Rose

Knospe von ‘Rosa centifolia muscosa’ Rosa centifolia muscosa – duftendes Moos (Harz, Tanne, Wald) an Knospe und Kelchblättern.

Kelchblatt von ‘Rosa centifolia muscosa’ Kelchblatt von Rosa centifolia muscosa. (5 Fotos)

Staubwedel von ‘Äicha’ ‘Äicha’ – duftende Staubwedel (herb) und Blütenblätter (fruchtig).

Rapskäfer, Biene auf ‘Frühlingsduft’ ‘Frühlingsduft’, Rapskäfer und Biene – Befruchtung oder Nahrungsaufnahme? Wohl beides zugleich … Der Duft ist herb, fruchtig.

‘La Rose de Molinard’ ‘La Rose de Molinard’ – beständiger, frischer, rosiger (Parfum artiger) und intensiver Duft einer modernen Strauchrose.

Rosenblüten von ‘Johann Wolfgang von Goethe’ ‘Johann Wolfgang von Goethe’ – Edelrose mit tollem, haltbarem Duft auch in der Vase.

‘Maigold’ ‘Maigold’ – herber Duft nach (über-) reifen Äpfeln; Staubgefäße würzig duftend.

Laub von ‘Perpetual White Moss’ Laub von Perpetual White Moss – Duft schwach nach frischem Gras, Moos leicht herbe.

Blüte von ‘Madame Alfred Carriére’ ‘Madame Alfred Cariére’ duftet excellent in verschiedenen Duftnoten, wenngleich weder intensiv noch beständig.

“Lila Preetz” “Lila Preetz”, eine Fundrose (Rugosa) – eine meiner Lieblingsdüfte: sehr herb, fruchtig, eindringlich, etwas medizinisch (Leinöl). Duft hält in der Wasserschale bei Schnitt.

Vasenrose und Duft

Da Duft den Zweck verfolgt, Insekten für die Bestäubung anzulocken, macht es Sinn, das duftende Rosen den Zugang zu ihren Staubgefäßen auch rasch freimachen, dass heißt sich öffnen. Dieses rasche Öffnen der Blüte ist für den Vasenschnitt natürlich nicht erwünscht. Man möchte lange haltbare Rosen für die Vase! Haltbarkeit der Blüte und Rosenduft gehen offenbar nicht so leicht zusammen; die meisten Schnittrosen duften bis heute nicht oder doch wenig. Jedoch ist die Nachfrage nach duftenden Rosen für die Vase ungebrochen. Bei der Selektion von Schnittrosen der Rosenzucht finden sich vermehrt gut duftende Rosen mit recht langer Haltbarkeit auch für die Vase. Besonders im Bereich Freiland-Schnittrosen sind zahlreiche haltbare und gut duftende Rosen zu haben. Der Markt für Schnittrosen ist international ein Milliarden-Geschäft; der Nachfrage folgend kann man wohl voraussagen, das die Auswahl an gut duftenden Rosen für den Schnitt zunehmen wird …
Import von Schnittrosen nach Deutschland … 2004 rund 977 Mio. Rosen, Wert ca. 765 Mio. Euro (…)

Gemälde, die Vasenkultur mit Rosen aus der Viktorianischen Zeit zeigen, finden Sie unter Edelrosen: Wuchs, Blüten, Vasenschnitt (…).

Man nehme sich Zeit für den Rosenduft …

Weder die Intensität des Duftes und die Duftnoten sind konstante Größen. Auch die Duftdauer oder die Zeitspanne des Duftes ist sehr unterschiedlich. Noch ist unsere Nase stets verlässlich und bei uns allen nicht gleich strukturiert, sowenig wie die Rosen selbst. Wenn einige Rosen auch nur zart duften, so setzen sie diesen zarten Duft oft beständig frei, während der gesamten Blühphase. Andere Sorten setzen ihren Duft gleichsam explosiv frei; ihr Duft mag nicht beständig sein, wenn sie aber duften, dann berauschend, überreich, überragend. Nur wenige Rosen duften beständig und zugleich gut – und halten den Duft auch in der Vase für längere Zeit.

Alle diese Variationen von Intensität, Duftnoten und Beständigkeit des Duftes sowie die subjektive Wahrnehmung von Duft macht es schwer, ein Maß für den Duft zu finden. Die Vergabe diverser Duftsterne reduziert den Duft doch arg auf Intensität und vermittelt wohlmöglich, man könne Duftintensität oder gar den Duft selbst an einer Scala ablesen und Rosensorten diesbezüglich rasch miteinander vergleichen. Es fehlt aber eine allgemeine Messgrundlage, ähnlich vielleicht der Celsius-Angabe der Temperatur. Aber selbst ein solches objektives System würde wenig helfen, denn was nützt einem die objektive Angabe der Quecksilbersäule von 22 Grad, wenn es einem fröstelt? Zwischen gemessener Temperatur und subjektiv gefühlter Temperatur liegen gelegentlich und bekanntlich Welten. Und man vergisst dabei rasch: Die Temperatur alleine macht ja nicht das Wetter! Will sagen, die Intensität des Duftes ist nicht alleine entscheidend für das Dufterlebnis in allen seinen Komponenten und Facetten.
Und am Ende: Was hilft eine volle Punktzahl der Intensität, wenn man den Duft nicht leiden mag? Dem einen ist der Duft viel zu süß, Zahnschmelz-süß, ein andere bemerkt zum selben Duft lapidar, frisch, angenehm fruchtig. Herbe Teerosen-Düfte müffeln dem einen, dem anderen ist der Tee-Duft der Rosenduft par excellence. Duft ist und bleibt in all seinen Formen und Farben ein Erlebnis stets subjektiver Art. Man sollte deswegen auch den zarten Düften Raum geben und sich selbst stets Zeit für das komplexe Erlebnis Rosen-Duft (…)

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