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Edelrosen: Wuchs, Blüten, Vasenschnitt (…) und im Norden Deutschlands

Hybrid Tea
sind nicht unbedingt »Edel-Rosen«,
die diesem Namen Ehre machen.

– Gedankensplitter

Inhalt

Wuchs und Blüten sowie Verwendungs­möglichkeiten der Edelrose heute

‘Schloss Ippenburg’ ‘Schloss Ippenburg’, klassische Form einer Edelrose, überwiegend eine große Blüte pro Trieb, Wuchs aufrecht. Blütenquantität hier im Norden gering.
In der Blüte sehr ähnlich ist ‘Chandos Beauty’; jedoch zeigt dieser Sorte weniger die klassischen Eigenschaften der Edelrose. Dennoch vermehre ich erste nicht mehr, die zweite schon.

‘Brocéliande’ ‘Brocéliande’, für eine Rabatte möglicherweise zu unruhig, im bunten Mischbeet gut aufgehoben.

Schlanker Wuchs, lange Stiele mit je einer großen, gut gefüllten Blüte und für den Schnitt geeignet: die klassische Edelrose. Die gibt es heute immer noch.

Jedoch finden wir in dieser Gruppe auch Rosen solcher Art: buschiger Wuchs, Stiele mit jeweils mehreren, mittelgroßen Blüten beisammen, mal gut gefüllt, mal einfach, also mit nur fünf oder wenigen Blütenblättern und mitunter für die Vase nun gar nicht geeignet.

So manche Edelrose erscheint heute eher gleich einer Grandiflora oder ginge im Verkauf auch gut als Kleinstrauchrose. Mitunter benenne ich solche Sorten auch eigenmächtig (und Schulter zuckend) als »Strauchrosen«. Das ist dann wenigstens botanisch korrekt … und für die Gartengestaltung oft hilfreicher.

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»Hybrid Tea« in der Geschichte, im Beet und im Kopf

»Hybrid Tea« werden nunmehr seit rund 140 Jahren gezüchtet – seit 1867, so die heutige Lehrmeinung, obgleich der Begriff selbst älteren Datums ist und demnach eine Vielzahl von Sorten, welche unter diesem Begriff auch geordnet gehören, was jedoch neuerdings und heut gern anders gesehen und zitiert wird, nachdem eine amerikanischen Rosengesellschaft (ARS) ihre recht beliebige aber erfolgreiche Definition von »Alt und Neu« der überfordert erscheinenden Rosenwelt zum Besten gab. Diese Orientierungskrücke jedoch hat man gar nicht gebraucht! Und erzeugte das Gegenteilige von dem, was sie bezweckte: Ordnung schaffen. Nun aber ist diese »Definition« in unser Welt und lehrt: Die Geschichte der Rose geht nicht zwingend mit der Geschichte der Begriffe zusammen, welche diese Geschichte beschreiben wollen.
Und übrig geblieben sind von dieser anfangs gewiss wohlmeinenden »Neuordnung« allein sprachliche Ungetüme, die keine Orientierung bieten über die Vielfalt der Rose, sondern banalste Grundlage geworden sind für moderne, unsägliche Vermarktungsstrategien. Diese Entwicklung war von der ARS sicher nicht gewollt.

In der Rosenzucht selbst hat die banale Übersetzung des Wortes »Hybrid Tea« als »Kreuzung mit einer Teerose« ohnehin noch weniger Aussagekraft als damals: Spekulativ war dieser Begriff schon immer, denn oft sind die Eltern der Sorten gar nicht belegt; gänzlich beliebig wurde er in jenem Rückblick der (ARS) in der Suche nach dem »Ursprung« dieser Klasse, also nach der – als Gedanke irgendwie beliebten – »ersten« »Hybrid Tea«, die in dem Zufallssämling eines Guillot (fils) festgelegt wurde. Da obsiegte mal wieder der eingeschränkte Blick auf eine wie auch immer gestaltete »Blüte«, gepaart mit dem menscheneigenen, ungebändigten Wunsch, jegliche »Ursprünge der Dinge« einfach denken zu wollen. Dabei setzt diese Fähigkeit, die Dinge »einfach« zu denken, einen gehörigen Tiefgang voraus – wie es von Adenauer und Einstein zu lernen ist. Um die Frage beantworten zu können, was in der Rosenwelt und in deren Geschichte rückblickend wie vorausschauend wahr und richtig sein soll, muss man schon Fragen stellen und in der Diskussion für sich beantworten! Und das ist nunmal nicht »einfach«. Ansonsten aber hat man das hauseigene Beet nachher voll mit gedankenlosem Müll.

Dabei sind die Eltern von heutigen Sorten aus dieser Klasse »Edelrosen« ein Paradebeispiel, dass die ursprünglich namengebende »Tea« bestenfalls noch homöopathisch in deren Stammbäumen zu finden ist – und demnach weder damals noch heute »das Charakteristische« dieser »Hybrid Tea« alias Edelrose bestimmt: Je nach Sichtweise ist diese Klasse ein bunter Hund, ein wild in den Stammbäumen und im recherchierendem Kopf zusammengewürfelter Haufen verschiedenartigster Geno- und Phänotypen.

Erfolg hatte die Neuordnung aus Amerika weniger aufgrund ihrer Sachlichkeit, sondern deswegen, weil sie für den Blick verführerisch »einfach« ist und die Rose schlicht und gefällig auf das reduzierte, was vermeintlich maßgebend und entscheidend für Markt und Liebelei sei: auf irgendeine »innovative« Rosenblüte.

Tatsächlich aber finden wir auch in dieser »Edel-Rosenklasse« eine beachtliche genetische Vielfalt. Sowohl in deren Geschichte und insbesondere in der voranschreitenden, heutigen Rosenzucht, die diesen Namen unbedarft für ihre Kreationen weiterhin nutzt, als sei er selbsterklärend. Und diese Vielfalt der Gene spiegelt sich natürlich auch im Erscheinungsbild (Phänotyp) der einzelnen Sorten wider …

Sammelbegriffe gleich welcher Art, ob ein Ordnungsbegriff oder ein Marktbegriff, eignen sich immer schon dafür, relevante Feinheiten und Unterschiede »einfach« zu übersehen, sie unbemerkt weg zu bügeln. Eine Eigentümlichkeit der (unreflektierten) Sprache, die Vielfalt immer schon ärmer machte als sie ist - ansonsten wäre es ja keine Vielfalt.

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Verwendungsmöglichkeiten

Jenseits der etwas in die Jahre gekommenen, heute wohlmöglich als altmodisch angesehenen Edelrosen-Rabatte, eigenen sich Edelrosen heute im Garten für eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten: im Mischbeet als Strauch, im Tuff gepflanzt als Solitär, im Kübel für Terrasse und Balkon, dicht in Reih und Glied als niedrige Einfassung für Wege und Beete sowie klassisch als Hochstammrose, wobei insbesondere Edelrosen mit eher strauchartigen Charakter und mit Blütenbüschel von je zwei bis drei kleineren Einzelblüten auf Hochstamm dem heutigen Geschmack eher zu treffen scheinen: einerseits recht großblumig, jedoch auch auf Hochstamm im Habitus buschig und gut verzweigt.

‘Heinz Winkler’ ‘Chandos Beauty’ ‘Ascot’ ‘Chippendale’, ‘Loredo’ ‘Dainty Bess’

Foto 1: ‘Heinz Winkler’ im Topf. Wuchs buschig, blüht in Dolden, entspricht im Charakter kaum mehr dem Bild einer klassischen Edelrose. (Rosentage 2012).
Foto 2: ‘Chandos Beauty’ im Garten eines Kunden; Terrasseneinfassung.
Foto 3: ‘Ascot’.
Foto 4: ‘Chippendale’ (zusammen mit der gelben ‘Loredo’) auf Hochstamm, Edelrosen mit Kleinstrauch-Charakter; (ehemalige Rosenschule).
Foto 5: ‘Dainty Bess’ (links, mit ‘Burgundy Ice’), eine durchaus »gängige« Blüte einer »Hybrid Tea«; (ehemalige Rosenschule).

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Edelrosen im Norden Deutschlands

Blindtriebe

Im Norden Deutschlands machen nicht wenige Sorten aus der Klasse der Edelrosen (Hybrid Tea) Probleme.
Frost- und Regenfestigkeit einmal vorausgesetzt, neigen Edelrosen durch die Witterung hier im Norden im Frühjahr dazu, sogenannte Blindtriebe zu zeigen; Triebe also, die keinen Blütenansatz entwickeln und in der Triebspitze kaum Wuchs zeigen, stocken oder stehen bleiben.

Temperaturdifferenzen zwischen kühler oder kalter Nacht und warmen Tagen fördern diese Blindtriebe. Nicht weiter tragisch, denn ein Schnitt solcher Triebe, so, als ob man im Sommer Verblühtes entfernt, sorgt für frischen Austrieb, der in der Regel – zusammen mit der wärmer werdenden Witterung – dann blüht. Die Verzögerung der Blüte ist dann etwa drei Wochen. Damit mag man leben!

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Habitus

Obgleich die Einzelblüte der Edelrose bei vielen Sorten für Rosengärtner/-innen oft DIE klassische Blütenform der Rose widerspiegelt, darf ich anmerken, dass das Verhältnis dieser Blüten zum Strauch leider nicht selten recht unausgewogen ist: Große, wohlgeformte Blumen an unpassend erscheinenden Trieben. Triebe, entweder zu klein für die großen Blumen, zu schwach, als dass die Blüten nicken, oder spärlich belaubt, so dass die Rose kaum Gartenwert hat, wenn sie nicht blüht (und das ist nun einmal bei vielen Rosen 2/3 des Jahres der Fall).

Wer Edelrosen geschickt einbindet in Stauden und Gräser oder sie zu mehreren beisammen pflanzt, mag die etwas defizitäre Strauchform mancher Sorte kaschieren; möglicherweise liegt hier die Geburtsstunde der etwas in die Jahre gekommenen Rosenrabatte: in Reih und Glied gepflanzte Rosen einer Sorte, bevorzugt die großblumige Edelrose. Jedoch sind einige der neueren Sorten vom Habitus eher Strauchrosen, wenngleich bei diesen Sorten dann halt oft das Charakteristische der Edelrose fehlt: Ein Trieb mit einer schönen Blume. Denn ist der Strauch buschig, strauchartig, blühen solche Sorten auch häufig in kleinen oder größeren Büscheln – mit vergleichsweise kleinen Einzelblüten.

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Edelrosen-Blüte im Norden

Wer die Quantität von Blüten einer Sorte schätzt, ist bei den »klassisch« verstandenen Edelrosen-Sorten mit den großen Blüten ohnehin nicht gut aufgehoben. Liebhaber solcher Edelrosen indessen sehen deren Qualität in der einzelnen Blütenform, nicht in deren Anzahl. Hier im Norden jedoch ist die relativ geringe Anzahl der Blüten von nicht wenigen Edelrosen-Sorten innerhalb der Saison derart der Unberechenbarkeit des Wetters ausgesetzt, das sich bei so mancher Edelrose die Ausbeute hübscher Blüten mitunter auf eine Zahl reduziert, die leicht mit den Fingern einer Hand abgezählt werden kann.
Solche Sorten entferne ich aus meinem Sortiment, auch wenn ich Anfragen von Liebhabern habe sowie aus Regionen, wo diese Rosen wiederum gut gedeihen mögen. – Nun ja, mir aber machen diese Sorten keinen Spaß und im Hausverkauf sind sie kaum zu vermitteln – Liebhaberei hin und her.

Wenngleich es für alle Rosen aus allen Klassen gilt, dass stets der konkrete Standort mitbestimmt, welche Sorten lohnen und welche eher eine weniger glückliche Wahl sind, meine ich über die Jahre schreiben zu können, dass eine Vielzahl von Edelrosen hier im Norden nicht gut aufgehoben sind. Gewiss, Ausnahmen bestätigen jede Regel! Und ein jeder mache seine eigene Erfahrung und gestalte den Garten nach seinem Geschmack. Gut so! Dennoch empfehle ich Rosen aus dieser Rosenklasse für den Garten hier im Norden nur noch selten.

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Edelrosen im Garten, in der Vase – und die Frage nach dem Duft

nicht aufgeblühte Schnittrose vom Floristen Häufig bei Rosen von Floristen zu beobachten: die Blüten halten zwar recht lange, öffnen sich jedoch nicht. Bild zeigt eine schon eingetrocknete Blüte nach etwa 10 Tagen. Blütenform blieb bald unverändert. Der Duft fehlt häufig.

Mit dem Begriff Edelrose verbindet sich immer noch die typische Vasen-Rose: Rosen für den Schnitt. Die Erfahrung jedoch lehrt, dass nicht alle Blüten der Edelrosen-Sorten, die wir in den Garten pflanzen, gleich gut für die Vase geeignet sind, obgleich wir, wenn wir beim Floristen Rosen kaufen, doch überwiegend Edelrosen-Sorten angeboten bekommen.

Offenbar besteht ein Unterschied zwischen Garten-Edelrosen und Edelrosen für die Vase, für den Schnitt. Und in der Tat: Die Zucht von Garten-Edelrosen und Schnitt-Edelrosen sind zwei Paar Schuh. – Im industriellen Maßstab erfolgt die Schnitt-Rosenproduktion unter Glas, also in Gewächshäusern unter kontrollierten Bedingungen. Selektierte Sorten für den Schnitt brauchen sich im Garten nicht zu bewähren. Die Auswahlkriterien dieser Sorten sind andere: Haltbarkeit der Blüten, Attraktivität der Blütenform und des Laubes, gleichförmige, lange Triebe und eine gewisse Produktivität der Sorte.
Ferner müssen die Rosen für den Schnitt lagerbar und ohne Qualitätseinbuße transportierbar sein. Denn die Rosen der Floristen werden überwiegend in fernen Ländern angebaut (Zucht: z.B. Südafrika. Produktion: z.B. Niederlande, Kenia.) und mit einer eigenen Logistik in die europäischen Länder gebracht.
Der Anteil der heimischen, saisonal angebotenen Freiland-Schnittrosen an diesem Markt ist im Vergleich eher gering.

‘Esprit d’ Amour’ in einer Vase Die einfachen Blüten von ‘Esprit d’ Amour’ halten überraschend gut in der Vase; die kleinen Knospen öffnen sich, der herbe Duft dieser Sorte bleibt erhalten.

Die Garten-Sorten der Edelrose indessen müssen mit dem Unbill des Wetters zurecht kommen, zum Beispiel frostfest sein, eine gewisse Regentoleranz zeigen und sich den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen anpassen können.
Lagerbar oder transportierbar müssen die Blüten der Gartenrosen nicht sein; für Rosen aus dem eigenen Garten für den Schnitt sind die Wege kurz. Dies ist ein großer Vorteil, sucht man Rosen für den eigenen Garten, deren Blüten auch für den Schnitt, für die Vase geeignet sind.

‘Johann Wolfgang von Goethe’ im Container ‘Johann Wolfgang von Goethe’, nach den Maßstäben der Floristen eine nur bedingt für die Vase geeignete Edelrose, jedoch eine wunderbare Gartenrose, die bei Schnitt ihren ausgeprägten Duft behält.

Bei Rosen für den Garten, die auch wunderbare Blüten für den Schnitt geben, wird man nicht nur bei den Edelrosen fündig. Denn so manche Strauch- und Kletterrose bietet im Garten gar besser geeignete Blüten für die Vase als so manche Edelrose!
Mitunter sind sogar nicht gefüllte (sogenannte einfache) Blüten für den Schnitt besser geeignet als gefüllte, die nur den Eindruck erwecken, haltbarer zu sein.
Für den Floristen indessen kaum interessant, halten zwar die Blühtriebe solcher einfach blühenden Sorten – frisch geschnitten – 4 bis 5 Tage in der Vase, für den Verkauf aber sind sie ungeeignet. Ebenso eher ungeeignet für den Floristen sind solche Sorten, die nicht langstielig geschnitten werden können – jedoch wunderbare und haltbare Blüten für die Wasserschale zuhause bieten.

Das Rosenduft und Haltbarkeit der Blüte in der Vase nicht gut zusammengehen und mithin die Erfahrung, dass gute Vasen-Rosen der Floristen häufig nicht oder nur wenig duften, erklärt der Text: Der Duft der Rosen.

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Vier schöne Motive rund um Vasenschnitt aus der Viktorianischen Zeit.

For Saint Dorothea’s Day, 1899 For Saint Dorothea’s Day von 1899:
Gather Ye Rosebuds While Ye May, 1909 Gather Ye Rosebuds While Ye May, 1909:
Pot Pourri, 1897 Pot Pourri, 1897:
Gather Ye Rosebuds While Ye May, 1908 Gather Ye Rosebuds While Ye May, 1908:
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