Prämierte Rosen – ADR

(…) gut ist,
was sich bewährt

– Gedankensplitter eines Kunden zum Thema prämierte Rosen.

“Lykkefund” “Lykkefund” – (glücklicher Fund).

Inhalt

Was wir wertschätzen …

zeichnen wir gerne aus. Steht vieles zur Auswahl, suchen wir das Beste. In der Hall of Fame der World Federation of Rose Societies (WFRS) wird alle drei Jahre eine Rose aufgenommen und zur Weltrose gekrönt! Die WFRS besteht seit 1968, umfasst aktuell Rosengesellschaften aus 41 Ländern und ehrte bis heute 14 Rosen aus der modernen Zucht:

‘Peace’ (1976, Syn.: ‘Gloria Dei’), ‘Queen Elisabeth’ (1979), ‘Iceberg’ (1983, Syn.: ‘Schneewittchen’), ‘Ingrid Bergman’ (2000), ‘Bonica’ (2003), ‘Pierre de Ronsard’ (2006, Syn.: ‘Eden Rose ’85’), ‘Graham Thomas’ (2009), ‘Sally Holmes’ (2012) u.a..

In der Old Rose Hall of Fame gesellen sich Rosen aus der Gruppe der sogenannten Historischen (Alten) Rosen dazu; sie seien alle mit ihrem Entstehungsjahr aufgeführt:

‘Rosa mundi’ (vor 1581), ‘Old Blush’ (vor 1752), ‘Souvenir de la Malmaison’ (1843), ‘Gloire de Dijon’ (1853), ‘Madame Alfred Carrière’ (1879), ‘Cecile Brunner’ (1881), ‘Gruß an Teplitz’ (1897) und ‘Madame Hardy’ (1832?).

International ist diese Ehrung zur Weltrose für eine Rose gewiss die höchste Auszeichnung. Auf nationaler Ebene kommen weltweit unzählige Preise, Ehrungen und Prämierungen hinzu, welche alle zu nennen der Platz nicht reicht. Es tut auch nicht Not. Es genügt festhalten:

In der Rosenwelt vergeben wir Gold, Silber und Bronze!

Und weil Rosen viele Eigenschaften haben, die uns wichtig sind, gibt es Jahr für Jahr auch im deutschen Raum eine Vielzahl von Veranstaltungen, an denen Züchter mit ihren Rosen teilnehmen können, um sich zu messen. (…) Neben Ehre und Ruhm, neben eine Art sportlichen Geist der Rosenzucht, steht der kommerzielle Gedanke. Eine Goldmedaille für die beste Strauchrose, ein Ehrenpreis für die beste Duftrose, einen Innovationspreis für eine Kletterrose: solche Preise braucht eine gute Werbung! Und wir Rosengärtner bekommen diese und jene Informationen an die Hand über einige Neuheiten des jeweiligen Jahres.

Die Rückseite der Kladde des Jahrbuches der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde e.V. von 2008 zeigt die Sorte ‘Perennial Blue’. Dies ist auch eine Form von Auszeichnung und sicherlich hat sich der Züchter Bernard F. Mehring sehr darüber gefreut, dass seine Kletterrose ausgewählt wurde, das Jahrbuch einer renommierten Rosengesellschaft zu schmücken. Die weltweit bekannte deutsche Rosenschule Tantau lizenziert zusammen mit Eurosa (Fa. Mehring) diese geglückte Neuzüchtung: Die Rose eines sog. Hobbyzüchters findet einen Platz auf dem internationalen Rosenmarkt! Dies ist keineswegs selbstverständlich; Rosen müssen mitunter ins Blickfeld gerückt werden und ein sogenannter Liebhaberzüchter alleine vermag das nicht.

Wenn wir Rosengärtner über diese Wege unbekannte oder wenig bekannte Sorten entdecken und dann pflanzen, ist der Kreislauf von Zucht, Ehrung, Werbung und Vermarktung sowie Gartenkultur wunderbar geschlossen.

Die WFRS und die wichtigsten Preisrichter

‘Gloria Dei’ Eine ausgezeichnete Rose in vielfacher Hinsicht: ‘Gloria Dei’

Die Edelrose ‘Gloria Dei’, Meilland 1935/45, erhielt international eine Vielzahl von Auszeichnungen, u.a. 1946 AARS (All American Rose Selection), 1947 Goldmedaille der RNRS (Royal National Rose Society), 1965 Goldene Rose von Den Haag und ist seit 1976 Weltrose, die erste Rose mit dieser Auszeichnung. Über eine solche Fülle von Ehrungen hinaus, zeigt der Werdegang dieser Rose, dass jede Rose eine eigene, kleine Biographie hat, in der sich die kulturelle Wertschätzung von Rosen spiegelt. Diese Wertschätzung der Sorte mag mitunter Grund genug sein, eine Rose zu pflanzen (…)

Zur Geschichte[1]: Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschickte Meilland Veredelungen seiner noch namenlosen Neuheit an befreundete Rosenschulen in Deutschland (Pfitzer, Stuttgart), Italien und die U.S.. So ging er sicher, dass seine Rose über die Wirren der Zeit wohl erhalten bliebe. Die Fa. Kordes übernahm auf Wunsch von Paul Pfitzer noch vor 1939 die Vermehrung dieser vielversprechenden Neuheit in Deutschland; auf dem deutschen Markt wird sie seitdem als ‘Gloria Dei’ angeboten. In Frankreich ist sie bekannt als ‘Mme. A. (Antoine) Meilland’, zu Ehren der Mutter von Meilland benannt. In Italien erschien sie schlicht als ‘Gioia’ (Freude). In den U.S. jedoch erhielt sie einen geschichtsträchtigen Namen und wurde am 29. April 1945 ‘Peace’ getauft. Kaum später, am 8. Mai 1945, setzten die Alliierten offiziell die Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft: das Ende des Krieges!
Geschichte, Weltkrieg und Frieden: ‘Peace’, ein großer Name für eine Rose! Er gilt heute international. Die feierliche Zeremonie und der Zeitpunkt der Taufe, schließlich die ansprechenden Namen selbst mögen dazu beigetragen haben, dass diese Rose weltweit besondere Beachtung fand, bei den Rosengärtnern als auch in der Rosenzucht.
Es sind weit über 300 Nachkommen dieser Rose bekannt; mehrere Sports kommen hinzu, wie die Climbing ‘Peace’ (Kordes 1951) und die in ihren Farben kräftigere ‘Chicago Peace’ (Johnston 1962), von der es ebenfalls eine kletternde Form gibt, ‘Chicago Peace Climbing’ (Brundrett 1978). Eine Vielfalt von Rosen mit der Muttersorte ‘Peace’…
Was mir aber hervorzuheben und bedeutsamer erscheint: alleine in den ersten 10 Jahren nach Kriegsende wurde ‘Peace’ ca. 30 Mio. mal verkauft! Sie ist bis in die heutige Zeit die weltweit am häufigsten gepflanzte Rose (ca. 100 Mio. Exemplare bis dato, so die Schätzungen).

Seit Generationen beliebt und in Kultur: Ist für einen Rosenzüchter und seine Rose eine höhere Auszeichnung denkbar?

Wenn wir Rosen pflanzen und pflegen, zeichnen wir sie schon aus. Nicht der WFRS, sondern wir Rosengärtner/-innen sind für die Kultur der Rose die höchsten und wichtigsten Preisrichter, indem wir Sorten suchen, entdecken, aus verschiedensten Motiven heraus wertschätzen, kultivieren und bewahren …

Dieses „Rosenblatt – Prämierte Rosen“ konzentriert sich auf die deutsche Auszeichnung ADR-Prädikat und auf all die Rosen, die dieses Prädikat tragen oder einst inne hatten. Und natürlich auf all die Rosen, die nie geprüft wurden aber mitunter seit Generationen in Kultur sind.

Allgemeine Deutsche Rosenneuheitenprüfung – und unser Sortenbewusstsein

ADR

Ein schönes Symbol: Die Blüte, die einem besonders am Herzen liegt, eingefasst durch ein Laubblatt, ohne dem die Blüte nicht zu haben ist; im stabilen Fuß, gleichsam im Wurzelbereich, das Kürzel „ADR“. Obgleich gesunde, standorttolerante Rosen wünschenswert sind, die Rosenkultur erschöpft sich in diesem Leitfaden nicht.
[Auszug aus der Tafel des folgendes Bildes.]

Zur ADR-Website.

In Deutschland ist das ADR-Prädikat maßgebend. ADR steht für Allgemeine Deutsche Rosenneuheitenprüfung. In Bezug auf die Rosen selbst wird das Kürzel ADR auch übersetzt mit Anerkannte Deutsche Rose – eigentümlich patriotisch. In der Mitte des vergangenen Jahrhunderts vom Züchter Wilhelm Kordes, Inhaber der heute noch bestehenden Rosenschule W. Kordes & Söhne, begründet, ist die ADR heute ein Arbeitskreis aus Vertretern des Bund deutscher Baumschulen (BdB), den an den ADR-Prüfungen teilnehmenden Rosenzüchtern und dem Bundessortenamt (BSB) – das die Arbeiten koordiniert – sowie den unabhängigen Vertretern von 11 bundesweit verteilten Prüfgärten. Die Prüfgärten sind bundesweit verteilt, um unter den regional verschiedenen Kulturbedingungen (Böden, regionales Klima) prüfen zu können.

Geprüft werden die von den Rosenzüchtern eingesandten Rosen aller Klassen der Modernen Rosen aus der jüngsten und der aktuellen Zucht.

Jährlich sind es etwa 30–40 Rosensorten. Es sind Rosen überwiegend deutscher Rosenzüchter: Kordes, Tantau, Noack sowie (über deutsche Vertretungen) Meilland (F.), Delbard (F.) u.a.. Geprüft werden in einem Zeitraum von drei Jahren – zuzüglich der selbstkritischen Prüfjahre beim Züchter – unter anderem: die Widerstandsfähigkeit, die Winterhärte, das Blühverhalten, die Wirkung der Blüte, der Duft, die Duftintensität und die Form des Wuchses in jeweils unterschiedlicher Gewichtung.

Infotafel ADR Die härteste Rosen-Neuheiten-Prüfung der Welt

Das maßgebende Kriterium für eine Prämierung ist gewiss die Gesundheit der Rose. Für dieses Kriterium ist das ADR-Zeichen bekannt. International ist diese Prüfung berühmt und berüchtigt zugleich: Survival of the Fittest Rose – und die Prüfgärten haben den Ruf von Killing Rose-Fields. Bitte schön! Man mag es kaum glauben, dass Rosenzüchter ihre Rosen-Kinder freiwillig in einen derart gnadenlosen Wettkampf um Platz und Sieg schicken! Aber dies war der leitende Gedanke von Kordes gewesen: … dass bei der (zunehmenden) Breite des Rosensortimentes eine Prüfung und Bewertung der Neuheiten notwendig ist, um Neuzüchtungen verwendungsgerecht zu beurteilen und um das Sortenbewusstsein zu schärfen (aus der Internetpräsenz 2010).

Die Rosen werden in den Prüfgärten ohne Einsatz von Pflanzenschutzmittel kultiviert. Bewährt sich die Neuheit, bleibt sie besonders gesund, hat diese Neuheit gute Aussichten, das ADR-Prädikat zu erhalten, welches dem Rosengärtner signalisiert, es handelt sich bei dieser Rose um eine ziemlich gesunde und allgemein empfehlenswerte Sorte.

Konsequenterweise kann das ADR-Zeichen aberkannt werden, wenn eine ADR prämierte Rose nach Jahren der Praxis nicht mehr die Qualitätskriterien erfüllt, Schwächen zeigt und z.B. wiederholt erkrankt. Es würde der Signalwirkung ADR-geprüft schaden, würde eine solche Rose das Zeichen weiterhin tragen dürfen.

‘Schneewittchen’ – ehemals ADR-Rose, weiterhin Weltrose und die Frage nach unserem Sortenbewusstsein.

ADR-Logo Wenn die Werbung es manchmal auch anders sieht: Der Glanz im ADR-Siegel währt nicht ewig …

Die bekanntesten Vertreter ehemaliger ADR-Rosen sind möglicherweise ‘Schneewittchen’ (Syn. ‘Iceberg’), ADR-Rose seit 1960, die jedoch aufgrund ihrer vermehrten Anfälligkeit (Sternrußtau, Echten Mehltau) im Jahre 2004, man darf kritisch hinzufügen, erst im Jahre 2004, die Auszeichnung aberkannt bekam, ebenso die Sorten ‘Friesia’, ‘Robusta’, ‘Aachener Dom’, ‘Sympathie’ und viele Sorten mehr, insgesamt waren es 35 Sorten im Jahr 2004.

Diese Aberkennungen wollen uns aber nicht daran hindern, diese „entehrten“ Rosen für die eigene Kultur im Auge zu behalten! So ist beispielsweise ‘Schneewittchen’ immerhin zur Weltrose gekürt worden (1983), ein Titel, der bleibt, und sie war ein wichtiger Elternteil vieler Moderner Rosen unserer Zeit. David Austin beispielsweise züchtete mit ‘Schneewittchen’ die bekannten Sorten ‘Heritage’, ‘Graham Thomas’, ‘Emanuel’, die ihrerseits wieder Auszeichnungen bekamen. ‘Graham Thomas’, wie oben aufgeführt, ist die neuste Weltrose der WFRS von 2009.

Unter pflegenden Händen gedeiht ‘Schneewittchen’ durchaus und sie ist eine vorzügliche Hochstammrose. Deren Kultur lohnt, wenn man um ihre erhöhte Anfälligkeit nur weiß. So finden wir ‘Schneewittchen’ weiterhin im Sortiment der Rosenschulen – heute ohne ADR-Prädikat.

Die ADR zeigt sich somit keineswegs statisch, diese Auszeichnung gilt nicht für ewig und alle Zeiten, und deren Aberkennung kann und will auch das Gärtnern mit den betreffenden Rosen nicht grundsätzlich verhindern. Nach erfolgreicher Prüfung bleiben die ADR-Rosen unter Beobachtung: Rosen und deren Kultur sind etwas Lebendiges! Und so fügt sich diese Prämierung ADR gut in unseren eigenen Erfahrungsschatz, in unsere Kultur einer doch unüberschaubaren Vielfalt von Rosen ein.

Durch dieses Gespann von Ehrung und Aberkennung ist die ADR durchaus geeignet, unser Sortenbewusstsein zu schärfen und bedient sich dabei anderer Maßstäbe als zum Beispiel die Ehrung zur Weltrose durch die WFRS:

‘Schneewittchen’ ist Weltrose – nun ohne ADR-Gütesiegel.

Rosenmarkt und prämierte Rosen – 30000 Rosen und 172 Rosen

Globus 30000 Sorten weltweit

Quelle Foto: Wikimedia. Den „Blauen Planeten“ einmal grün gesehen. Rosen sind ein kleiner, jedoch wichtiger Teil.

Weltweit werden ca. 30000 Rosensorten kultiviert; auf dem deutschen Rosenmarkt sind einige tausend Rosensorten problemlos erhältlich; durch die weltweite Vernetzung aber haben wir heute bei der Auswahl von Rosen kaum mehr Einschränkungen. Wir können, wenn wir dies wollen, über alle Grenzen hinweg in unserem Vorgarten eine langersehnte Sorte aus dem Angebot einer texanischen Baumschule pflanzen.

Diese schier unüberschaubare Vielfalt und die Größe des heutigen Rosenmarktes mag man als Segen und Fluch zugleich verstehen. Denn jede noch so entschlossene Sammlerseele kapituliert vor dieser Zahl: 30000 Rosen! Das größte Rosarium weltweit, das Europa-Rosarium in Sangerhausen, beherbergt rund 8300 Rosenarten und Sorten (Stand 2010). Der kostenintensive Erhalt dieser Sammlung führt auch dort zur Überlegung, eine Auswahl treffen zu müssen und Rosensorten (besonders der jüngsten Vergangenheit) auszulagern. In einem Garten aufgepflanzt vorstellen kann man sich diese Anzahl allein von 8000 Rosen schon nicht. Und bei der Suche nach Rosen wird man sich selbst kaum vor diese Aufgabe stellen, alle verfügbaren Sorten durchsehen zu wollen. Wir müssen eine grobe Vorauswahl treffen, die aber so manche schöne Rose übersehen wird: Vielfalt ist Fluch und Segen zugleich!

Wir Rosenschulen helfen, wenn wir Jahr für Jahr gut begründet eine neue Auswahl aus dieser Vielfalt treffen, in Bewegung bleiben und die ausgewählten Rosensorten bestmöglich charakterisieren. Unsere Auswahlkriterien sollten also transparent sein. (…)

Wer als Rosengärtner beim Kauf einer Rose Auswahlkriterien und Orientierung sucht, findet im ADR-Zeichen gewiss ein erstes Licht am Horizont des rasant wachsenden Rosenmarktes. Es ist allerdings das Licht am Horizont vergleichsweise weniger Züchter und deren Neuheiten seit Bestehen der ADR: Geprüft wurden seit 1950 bis heute rund 1700 Moderne Rosen, von denen aktuell 172 Sorten das ADR-Qualitätszeichen innehaben (Stand 2009). Wer die Qual der Sortenwahl nun verringern will, indem er beschließt, nur geprüfte, ADR-prämierter Rosen zu suchen, begrenzt seine Auswahl doch arg. Rasch übersieht man Jahrhunderte erfolgreicher Rosenkultur und die wunderbare Vielfalt von Rosen über den deutschen und europäischen Raum hinaus. Salopp zusammengefasst: selbst wenn man alle prämierten Rosen der weltweit verliehenen Gütesiegel berücksichtigt, beherbergt die verbleibende Restgruppe gewiss nicht alle diejenigen Rosen, welche weniger gut oder weniger gesund sind! Sie erahnen es:

Das ADR-Zeichen ist nur bedingt eine Hilfe bei der Auswahl von Rosen – für Rosengärtner/-innen wie für Rosenschulen und Rosarien – wenn man aus 30000 Rosen nicht 172 machen will.

Die ungeteilte Welt der Rosen – oder: Wir Rosengärtner sind immer noch die besten Preisrichter! Weitsichtig, tolerant und die gesamte Rosenkultur im Blick.

Es sei deutlich gemacht: Preise und Prämierungen, gleich ob international verliehen oder auf dem deutschen Raum bezogen, teilen die Welt der Rosen nicht in zwei Kategorien: ausgezeichnete Rosen – und alle übrigen. Darüber wäre die Kultur der Rose gewiss zu einfach gedacht!
Wildrosen und deren Hybride, mit z.T. wunderbaren Gartenrosen, die Vielfalt der Gruppe Alte Rosen und schließlich alle diejenigen Rosenneuheiten der Modernen Rosen, die nicht zur Prüfung eingesandt und schlicht nicht geprüft werden, können durchaus ausgezeichnete Rosen sein — frei jeglicher Prüfung und ohne Gütesiegel.
Der Markt ist nicht nur offen für eigene Erfahrungen (dies wissen wir), vielmehr für differenziertere Qualitätskriterien als z.B. die des ADR-Zeichens.

Unser Sortenbewusstsein ist auch Gott lob viel reicher, umfassender und weitsichtiger als die Kriterien von (institutionellen) Prüfungen aller Art. Immerhin handelt es sich bei der Rose um eine Pflanze, die unsere Geschichte, unsere Kultur, damit unsere Gärten und unsere Gedankenwelten mit geprägt hat. Die Güte einer Rose und deren Wert in dem Wunsch einer relativ problemlosen Verwendbarkeit von einigen Neuheiten zu erschöpfen, ist wohl auch nicht das Ziel der ADR-Prüfgärten. Wenn dem so wäre: Wir Rosengärtner/-innen sind dann doch viel weitsichtiger, toleranter und halten dann doch die gesamte Rosenkultur im Blick.
Das ADR-Prädikat bietet die Möglichkeit einer selbstkritischen Kontrolle für die Rosenzucht im deutschen Raum, nicht aber für die Rosenkultur weltweit. Geprüfte Neuheit hier – und die Vielfalt der Rosen: Die Sorte “Lykkefund” (siehe Abb. oben), ein Rambler, ist eine Fundrose Rose aus Dänemark, welche, wie der Name es verrät, das Potential hat, glücklich zu machen — ganz ohne Titel! Sie wird gerne und häufig gepflanzt und mag hier als Stellvertreter für den Gedanken stehen: Wir Rosengärtner/-innen sind immer noch die besten Preisrichter – und unsere Gärten sind die besten Prüfungsgärten der Welt!

Die Qualität von Rosen – Der eigene Garten und sortenspezifische Informationen

Ein weiteres Beispiel mag verdeutlichen, was gemeint ist, wenn ich behaupte: Das ADR-Gütesiegel und vergleichbare Auszeichnungen sind für die Rosenkultur recht unbedeutend.

2009 erhielten 14 Rosen von 50 geprüften Rosenneuheiten das ADR-Prädikat. Das maßgebende Qualitätskriterium war — neben dem allgemeinen Zierwert — gewiss die Gesundheit der Neuheiten unter den unterschiedlichen klimatischen Standortbedingungen der 11 Prüfgärten bundesweit. Jene 36 Sorten, welche das Gütesiegel nicht erhielten, sind folglich nicht so gute Rosen? Dies wäre schlicht zu einfach gerechnet! Eine Rose, deren Anspruch an ihrem Lebensraum beispielsweise sehr differenziert oder wie wir auch sagen „hoch“ ist und sogar in 10 von jenen 11 Gärten den Anforderungen für eine Prämierung nicht genügt, ist deswegen nicht zwingend eine qualitativ schlechte Rose! Wenn wir im Frühjahr z.B. eine Orchidee in den Garten pflanzen, kämen wir kaum auf die Idee, ihr im Winter mangelnde Güte zu bescheinigen, weil sie den ersten Frost nicht überstanden hat. Wie von selbst setzen wir zum Herbst die Orchidee wieder ins Haus und sorgen weiterhin für gute Lebensbedingungen. Jene Rose gehört auf einem Standort, der dem Prüfgarten gleich kommt, wo sie sich bestens bewehrt hat, gesund blieb und gedeihte. Somit war nicht die Rose zwingend von minderer Güte, sondern unsere Kenntnisse unzureichend hinsichtlich ihrer besonderen Ansprüche an ihren Lebensbedingungen, die sie aber in unserem Garten doch finden mag! Denn würden wir nur solche Rosen kultivieren wollen, die universell und überall gepflanzt werden können – wenigstens im deutschen Raum – was für uniforme und langweilige Gärten hätten wir wohl?

Der Mangel bei Rosen ist oft genug nur ein Mangel an Informationen, sowohl von Seiten derer, die Rosen erwerben, als auch von Seiten derer, die Rosen anbieten. Was wir brauchen, wollen wir also „gute Rosen“, sind sortenspezifische Informationen, wenn möglich aller verfügbaren Sorten; das ADR-Siegel ist eine von vielen Informationsquellen über eine doch kleine, überschaubare Anzahl von zur Prüfung angemeldeten Rosenneuheiten. Der vorgestellte Anspruch einer universellen Verwendung derjenigen Sorten, die dann prämiert werden, reduziert sich auf vergleichbare klimatische Verhältnisse, wie wir sie hier in Deutschland haben mögen. Nach dieser Selektion der geprüften Rosenneuheiten bliebe jedoch für den eigenen Hausgarten nicht viel über, würde sich unser Blick tatsächlich auf solche Sorten reduzieren.

Ein untrennbares Paar: Sortenspezifische Informationen und der konkrete Standort

Gute Fachliteratur und Rosenhäuser, die gezielt Rosen porträtieren, weisen auf sortenbedingte Anfälligkeiten und auf besondere Kulturansprüche sowie allgemein auf zu nennende Eigenschaften der jeweiligen Sorten unserer Wahl hin.

Allerdings gibt es diesbezüglich noch viel zu tun! Aber es finden sich doch vermehrt Angaben folgender Art: Sortenbedingt oder standortbedingt Mehltaubefall möglich, ich biete sie aber an, weil … ; diese Rose zeigt Blütenanomalien; diese Rose ist (bei uns) nicht hinreichend frosthart, jedoch von hohem historischen Wert; diese Blüten neigen zu Mumien, die Rose selbst aber ist kerngesund; diese Rose duftet ausgesprochen stark, erfordert aber einen luftigen und nahrhaften Standort; diese Rose blüht verhalten, verträgt aber schattige Nord-Ostlagen – usw.. Manchmal klärt schon das nachbarschaftliche Gespräch über den sprichwörtlichen Gartenzaun hinweg über solche Besonderheiten auf.

Denn der beste Prüfgarten ist der eigene oder der in unmittelbarer Nachbarschaft: dort werden die Erfahrungen gemacht, die man braucht.

Konkreter Standort und sortenspezifische Informationen gehören zusammen. So finden sich auch Rosen für Nord-Ostlagen und mageren Böden … Wer weder eigenen Erfahrungen noch einen Nachbarn hat, der Rosen kennt, wird eine Rosenschule aufsuchen. Seriöse Rosenschulen beraten und geben Auskunft über geprüfte Moderne Rosen und über alle Sorten und Arten, die nicht geprüft aus triftigen Gründen kultiviert werden …

Über alle Prämierungen hinweg

Rose in vielfältigen kulturellen Bezügen.

Bild von van Gogh Bildende Kunst, Literatur und Rose. Vincent van Gogh, Stillleben mit Gipstorso, einer Rose und zwei Romanen, Paris 1887.

Briefmarke Sophie Schröder Sophie Schröder als Sappho, blumengekränzt, Briefmarke 1976.

Hochstämme und Kleiderordnung Hochstamm und Kleider: Duft ja, bücken nein … Die Dame von Welt pflegte Kleiderordnung und Rosenkultur.

Quelle der Fotos Wikimedia: Vincent van Gogh. Briefmarke Sappho, Entwurf v. Dorothea Fischer-Nosbisch. Es war eine Briefmarke im Wert von 40 Pfennig (1976), Dame vor Hochstamm, ein Gemälde von Gustav Brion.

Kulturarbeit

Sofern Rosen zur allgemeinen Kultur gehören, ist die Pflege eines Rosengartens Kulturpflege im Sinne des Wortes: wir Rosengärtner leisten Kulturarbeit!

Dies ist gewiss nicht übertrieben formuliert, wenn man erinnert und bedenkt, welchen Stellenwert die Rose seit Jahrhunderten in der Kulturgeschichte innehat: in der religiösen und volkstümlichen Symbolik, in der Poesie der Antike bis zur Gegenwart, in der bildenden Kunst, der Architektur und der Malerei, als Wappenfigur und politisches Symbol, als Zierpflanze in der Gartengestaltung und im öffentlichen Raum … Prämierungen sind ein Zeichen dieses besonderen Stellenwertes.
Das Europa-Rosarium Sangerhausen mit dem Auftrag, Sorten zu bewahren und den Genbestand der Rose zu sichern, ist ein Zeichen dieses besonderen Stellenwertes.

Die in der Rosenwelt häufig zitierte Dichterin Sappho ehrte in ihrer Poesie die Rose schon 600 v.Chr.:

(…) Oh die Rose, ach, die Rose ist der Blumen Königin.[*]

Man mag bedenken, dass für Sappho die Wildrosen – möglicherweise auch einige Naturhybriden – das Bild für Ihre Dichtung gaben. Mit unserer Rosenvielfalt hatte die damalige Rosenwelt wenig gemein.

Rosen weckten offenbar schon früh die Gemüter und die wenigen Zeilen dieser Dichterin sind über die Geschichte hinweg für uns ein geflügeltes Wort für die Wertschätzung einer Blume: „Rose, Königin der Blumen!“
Liebhaber anderer Pflanzen und Blumen mögen dies anders sehen, es ändert jedoch nichts an der kulturgeschichtlichen Sonderstellung der Rose.

In einem Rosengarten gehören gewiss die geprüften, leicht zu kultivierenden Sorten moderner Zucht, mit und ohne Titel. Aber in unsere Gärten gehören auch Rosen mit Ansprüchen an uns.

Erstaunlich ist es nicht, dass für Rosengärtner der Reiz bei vielen Sorten gerade darin besteht, dass diese Rosen nicht alles Wünschenswerte auch zur gefälligen Zufriedenheit können. Viele Sorten haben durchaus Schwächen, welche zwar eine Prämierung verhindern mögen, dafür aber Eigenschaften inne, die sie besonders gut können und die es lohnend machen, diese Sorten zu pflanzen und zu pflegen: eine besondere Duftnote, eine außergewöhnliche Farbe der Blüten, Rosen, die schöne Kindheitserinnerungen wach halten, Rosen, geeignet für ungünstige Standorte, wo man aber schon immer eine Rose pflanzen wollte, Sorten, die besonders prächtige Freiland-Schnittrosen für die Vase liefern oder schlicht unsere Geschichte im Garten lebendig halten …
Über alle Prämierungen hinweg macht man sich halt schlau.

Logo Rose