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Web-Usability als Marketingstrategie

– Gedanken über Geschäfte und Ethik im Web [Teil II.]

Eine Spurensuche im WWW nach Ethik.
Die ernüchternde Frage nach der Pädagogik der Webgestaltung im Drang, alles und jeden gleich managen zu wollen.
Kurz und bündig: Benutzerfreundlich geht anders.

Inhalt

Der Kunde und die Ethik

Im höchsten Maß ethisch sei Webgestaltung, wenn sie positive Nutzererfahrung zum Ziel habe, so Meiert [Gedanken zur Gestaltung von Erlebnissen][1]. Dieser Versuch einer Art Web-Ethik driftet leider rasch ab ins Kommerzielle, zielt unvermittelt auf Kundenbindung an einer Website, die bedient, was als gewünschter Erlebnisraum vermutet wird. Der Nutzer des Internets wird allzu rasch zum Kunden, die Website zum Shop.

Die ersten Zeilen lesen sich darüber eher wie ein Appell: Das Internet kann, ist mehr! Es ist ethisch, wenn (…). Und zugleich liegt in den Zeilen eine Art Kapitulation vor den Entscheidungsträgern, die letztendlich die Geldbörse und damit das Netz offen zu halten scheinen. Der allgemeine Appell an einer Ethik (des Web, der Webgestaltung) verhallt leider zügig in eine Art Anleitung für den individualisierten Erlebniskauf.

Gestaltung von Erlebnissen – im Web? Was hat das mit Ethik zu schaffen? So einiges, wie es der Beitrag von Meiert vermuten lässt. Und es erscheint mir, dass Meiert im Netz einiges vermisst, was im geschäftigen Treiben des WWW einer ethischen Grundhaltung gleich kommen könnte. Dass eine solche Grundhaltung auch für das Geschäft taugt, ist eine Lehre, die zu bedenken Meiert wohl mit auf den Weg gibt.

Jedoch sei hier ein anderer Gedanke als die Frage nach Geschäft und Ethik herausgegriffen.

Ein vermeintlich viel schlichter daherkommender Gedanke, um dieser Frage nach Webgestaltung und Ethik hinterher zu spüren:

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Die Ethik des Lesens

Warum Menschen online nicht lesen (…). So der von Meiert adaptierte Gedanke von Nielsen.
Ein Gedanke, der wie eine empirisch gewonnene Erkenntnis klingt, jedoch besser eine Art Arbeitshypothese bleiben sollte. Dieser Gedanke des Nicht-Lesens im Web könnte man auch bewerten – als eine pure Behauptung deklarieren; dann wird man sich hüten, allzu rasch web-gestalterische Maßnahmen daraus abzuleiten!

Deswegen lieber einmal mehr eine leitende Frage formuliert: Lesen Menschen im Web nicht? Und wenn es so ist, warum nicht – und wie funktioniert dann diese geforderte Gestaltung von Erlebnissen im WWW?

Lesen im Netz, so Meiert [ebd.] stets Bezug nehmend auf Nielsen, sei mühevolle Arbeit [Hervorh. von mir]. Der moderne Mensch möchte lieber interagieren; wenigsten als Onliner. Klicken statt lesen, um es pointiert zu sagen. Und mehr noch:

Vom Gefühl geplagt, Zeit zu verschwenden, blieben moderne Internet-Nutzer ungern auf einer Seite: tausende Auswahlmöglichkeiten im Cyperspace locken und warten darauf, entdeckt zu werden! Das mache umtriebig, mache gar Unruhe. Klicken verheißt offenbar, nichts zu versäumen.

Dergleichen Erkenntnisse will man gerne beim Gestalten von Webseiten berücksichtigen, so die Essenz.

Nielsen, so scheint es, wird allerdings gelesen, und zwar im Web, wenn die gemachten Verweise nicht lügen, und wenigstens von denen, so scheint es, die über die Nutzer des Netzes gern fremdzitiert spekulieren: »Der Web-Papst sagt …« Interessant. Möglicherweise wird deswegen nicht gelesen, so könnte man auch meinen, weil nichts Lesenswertes im WWW zu finden ist – außer Nielsen natürlich. Wer aber liest schon Nielsen?

Lesen ist vom Fokus her zunächst kleiner als dieses voranschreitende, übergreifende Klicken.
Lesen ist mühevolle Arbeit dann, wenn man diesen Fokus des Lesens weit macht, indem man mitdenkt. Mitdenken: über das textlich Sichtbare hinausgehen. Heidegger formulierte es in etwa sogar so: Denkende lernen aus dem Fehlendem nachhaltiger. Steht da allerdings nichts: Klick. Lücken zu füllen jedoch gelingt per Klick nur vermeintlich rascher. Irgendwo findet sich schon Lesenswertes, das man dann liest, indem man mitdenkt.
Versteht man über ein solches Lesen das Geschriebene, wird jene mühevolle Arbeit des Lesens rasch zu einem Erlebnis, das Spaß macht. Lesen macht Spaß! Keine große Philosophie ist hier vonnöten, sondern etwas Besinnung auf sich selbst: Jedes noch so kleine Aha-Erlebnis beim Lesen erzeugt ein Lächeln im Innern und mitunter am eigenen Mund ablesbar. Lesen ruft am Ende eine positive Erfahrung hervor, weil es uns Zusammenhänge erkennen lässt, über die wir verallgemeinerungsfähig sagen können, dass sie unser Gefühlsleben positiv beeinflussen.[2]

Wenn Lesen diesen Erlebnischarakter hat: Warum sollten dann Menschen im Web nicht lesen wollen? Ob sie es tun, ist eine andere Frage.

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Nun doch Lesen im WWW?

Gewiss, die Lektüre am Monitor ist unbequem, (Sitz-) Disziplin fordernd; es fehlt das Haptische; ein Buch genüsslich auf dem Sofa liegend zu lesen, ist etwas anderes.

Diese einschränkende Erschwernis einer Lektüre am Schirm aber mag sich bald ändern. Insoweit man den Glauben an den Fortschritt des modernen Equipment nicht verliert: Das elektronische Buchformat taugt auch zum Surfen; transportabler Desktop fürs Sofa. Technik passt sich an. Nun doch (bequemes) Lesen im WWW?

Sogar unsere Gehirnstrukturen, folgt man dieser Forschung, erscheinen anpassungsfähig – und zwar korrelativ zur Surfer-Ausstattung! Dies wäre beachtenswert! Die Gestaltung von Erlebnissen für die Nutzer des WWW und die Frage nach einer Web-Ethik: Spätestens im Einfluss des Netzes auf Alltagskultur und Hirn erscheint die Gestaltung positive Nutzererlebnisse als ein sehr lebendiges, weites, bald evolutionär zu denkendes Feld.

Die Wechselwirkungen zwischen Technik und Nutzer verändern sich. Lehren der Webgestaltung sind gefordert, mitzugehen – wenigstens zeigt sich Lesen im World Wide Web beweglich; mit den Flaggschiffen auf dem Schreibtisch der 1990er hat Lesen am Laptop (und kleiner) heute kaum mehr etwas gemein.

Der Short Message Service (SMS) im Handy: eine der wandlungsfähigen Spielarten moderner Lektüre, neben E-Mail und dem Surfen als moderne Kommunikationsform.

Kaum ein Jugendlicher, dessen Kopf nicht schon Bekanntschaft mit Passanten, Laternen oder Hindernissen aller Art gemacht haben dürfte; die neue Gangart zeigt ein geneigtes Haupt – mit Blick aufs Handy.

Was will man sagen: Alle Varianten medialer Kommunikation laufen über Text, der gelesen sein will. Egal wann, wo und wie.

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Webdesign und das liebe Diagonal-Lesen

Es mag sein, dass der heutige Mensch am PC nur dann zielorientiert zu sein scheint, wenn er Webseiten scannt, anstatt ausgiebig zu lesen. Im Fluss der Moderne angelt er das für ihn Wesentliche heraus – per Klicks. (Ausgiebige) Lektüre betreibt man (noch) woanders. Die Gestaltung einer Webseite mag diesem Sprunghaften entgegenkommen; daran loten sich zahlreiche Tipps und Tricks der Webgestaltung aus.

Der moderne Mensch scannt, weil er am Desktop, so hört man es landläufig, rasch ans Ziel kommen will. Also sind Scanner-Marken so wichtig wie die Inhalte selbst, will man diesem Nutzerverhalten entgegenkommen. Modern life is hectic … [J. Nielsen]. Surfen ist Hektik. Lektüre indessen nicht.

Also heißt es: Obacht geben und die Webseiten vor deren Einspeisung ins Netz auf dieses bekannte Surfverhalten des gemeinen Nutzers zu prüfen? Der moderne Mensch will ja erkannt, gekannt sein und bedient werden. Und das schließt offenbar ein: Keine Zeit, keine Lust, keine Konzentration für Lektüre im WWW? Es ist das Credo des Web-Designs – über das Surfverhalten des gemeinen Nutzers im Web.

Der moderne Mensch also will Überschriften, Hervorhebungen, First-Letter-Marken. Diagonales Lesen will rasche Antworten.[3]

Die Folgen dieser Analysen des gemeinen Nutzers für die Webgestaltung seit den 1990er bis heute sind darüber weitreichend, wenngleich im Kern zähe, immer währende Wiederholung.

Kopien auf allen Seiten.

Wiederholungen – die Redundanz der Webgestaltung: Da müssen Sie und ich hier und jetzt einmal durch.

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Die Pädagogik eines DIN-A4 Blatts

Webgestaltung – eine pragmatische, simplifizierende Pädagogik:

das Wichtigste stets zuoberst.

Eine ausdünnende, umgedrehte Pyramide mit einem Fuß für das Belanglose.

Grundzüge der Gestaltung. Erprobt, wohl überlegt, seit Anbeginn des WWW in Diskussion und Gebrauch.

Man könnte es etwas böse umschreiben:

Webgestaltung ist ein Buhlen um die Aufmerksamkeit des bequemen, rastlos hüpfenden Internet-Nutzers.

Ein Buhlen mitunter als zügellose Eskapaden dessen, was technisch machbar ist; blink, Pop-ups, target=_blank – weiss der Himmel.
Ein gekünsteltes, quer in den Inhalt erdachtes Design für eine Vorstellung, wie der moderne Internet-Mensch wohl so tickt und in den Tag hinein surft. Empirisch zwar, zugleich aber spekulativ.

Dass Zeiten und Nutzverhalten sich wandeln könnten, gewiss, man denkt es.

Dass Webgestaltung ein Nutzerverhalten zu bedienen versucht,
das von ihr selbst hervorgerufen wird,
eine solche Wechselwirkung könnte man denken.

Jedoch versichern einem die Zahlen und Thesen in den virtuellen Raum gemauert schon die Richtigkeit der Gestaltungslehren und deren Ursachen.

Fast eine Anbiederung an den typisierten, gemeinen Nutzer.
Statt Klartext und Mut für Veränderung: abgeschriebene Konventionen. Immer wieder die selben Quellen, von denen ich vermute, dass die wenigsten sie gelesen, geschweige hinterfragt haben. Lieber die alten Weisheiten einmal selbst formulieren und zum Besten geben:

Das Wichtigste nach oben!.

Und das ist aus der Sicht der Betreiber und Macher von Webseiten (fast) alles.
Das Impressum darf nach unten.

Etwas mehr Mut für Fragen? Warum nicht! Wer von Webgestaltung nichts weiß, fragt einfach naiv: Warum ist das alles so und nicht anders? Die Navigation oben, im Zweifelsfalle links. Content als appetitliche Happen zwischen Link-Blocks, Bilderleiste und Werbung (…) Herzlich Willkommen als Start. Langweilig sagt der naive Mensch, Gewohnheitserwartung kontert das erfahrene Design.

Gestaltung im Web ist wahrlich ein ausgelutschtes Konstrukt für eine Fläche im Mittel der Größe einer DIN–A4–Seite. Auf die muss halt alles drauf: Logo, Navigation, Bilderleisten, Werbung, Schlagwortregister – Content. Darüber gibt es keine Debatten. Das Wichtigste gehört nach oben.

Nicht leicht, Haltung zu bewahren und auf dieser Mattscheibe (im Kopf) etwas zu präsentieren, das einem TEXT ähnlich kommt.

Die Gefahr ist einfach zu groß, gleich weg-geklickt zu werden?

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Die Suche nach dem Kunden

Die Suche nach der Bedienung des gemeinen Internet-Nutzer? Die erscheint vorgegeben, erlernbar – wie der Nutzer selbst: Studien über ihn gibt es reichlich. Die Sorgenfresser der Moderne sind die erfahrenen und kenntnisreichen, all dies verarbeitenden Internet-Agenturen. Freiräume zu sehen wäre Abenteuerplätze betreten. Ein Spiel mit den Auftraggebern, den eigenen Kunden. Das lässt man besser.

Der gemeine Onliner tickt so und so – und so schreibt man eine Webseite.

Mir fehlt leider für diese kopierten Weisheiten einer Zirkel-Logik des WWW jeglicher Geschäftssinn.

Es geht mir einfach ab:

  • dieser gemeine, lesefaule Nutzer mit seinem Herumgeklicke,
  • dieses Web-Design, das dieses Herumgeklicke mit allen Mitteln bedienen will.

Insbesondere diese abgeleitete geschäftstüchtig-simplifizierende Hausmanns-Ethik, diesem Onliner ein positives Erlebnis bescheren zu müssen. Warum soll ich ausgerechnet diesen Typ des Nutzers bedienen?

Weil er zahlenmäßig etwas hergibt? Weil er dem eigenen Projekt via Analyse vieler Klicks Erfolg verheißt? Weil dieser Typ meinem Geschäft im Web Gewinnmaximierung verspricht, insofern ich ihn (mit technischer und psychologischer Raffinesse) halte?

Genauer (und etwas weniger spöttisch vielleicht): Liest denn niemand mehr im Netz? Einfach nur so? Irgendjemand, für den es sich lohnt, Webseiten zu gestalten? Interessierte, neugierige, konzentrierte Onliner – die lesen und kaufen? Kluge Nutzer des Netzes, die man nicht einfangen und überreden muss, sondern überzeugen kann. Einfach nur so! Gute Inhalte in einem halbwegs ansprechenden Design. Gibt es diese lohnenden Onliner nicht?
Ich denke, die gibt es.

Willkommen im Club!

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Das Management des Banalen

Die Antriebe im geschäftigen WWW entdecken.

Kommerzielle Betriebsamkeit und – sagen wir einmal – Altruismus sind so weit auseinander nicht. Es ließe sich zusammen denken.

Dennoch ist Verkäufer–Kunde das beliebtere Thema im Web.

Management: Vom Umgang mit Kunden – ein Beitrag von Stefan Nitzsche mit einem alltagstauglichen Ergebnis. Allerdings mit einem Ergebnis, das besorgniserregend ist und beunruhigt. Wenn ein solches Ergebnis eines langen Nachdenkens offenbar gefunden wird, weil es allererst (oder mal wieder) entdeckt werden musste:

Das Ergebnis einer von Aufrichtigkeit, Partnerschaftlichkeit und Vertrauen geprägten Kundenbeziehung ist ein gutes Verhältnis zueinander.

Irgendwie deutlich gesagt: Sei aufrichtig, partnerschaftlich, vertrauenswürdig.
Bald desillusioniert lustig:

Bemerkt Ihr Kunde Ihr ungewöhnliches Engagement, so wird er sich auch für Sie engagieren.

Zwischenfrage an die Sozialpsychologie: Was ist an Aufrichtigkeit, Partnerschaftlichkeit und Vertrauen ungewöhnlich geworden? Habe ich in dem neueren Zeitstrom der Menschheitsentwicklung irgendetwas Wesentliches verpasst? Na ja, Banales wieder einmal auf den Punkt gebracht, zum Nachlesen und Denken für Verkäufer – und Kunde:

Es gibt kein besseres Marketing-Instrument als Empfehlungen durch rundum zufriedene Kunden.

Geht doch!

Oder nicht?

Besser einmal mehr eine Frage: Spüren Sie es? Dieses Banale, dieses Seichte, das einen traurig macht, weil es wieder einmal gefunden werden musste. Hilflos verpackt in die bedeutungsschwangere Sprache des Managements.

Simpel gedacht: Verkaufe keinen Müll, bleibe aufrichtig und Dein Kunde empfiehlt Dich weiter. Dann hast Du schon mal potenziell zwei Kunden (oder zwei Leser Deiner Seiten).

Empfehlungen, Herr Nitzsche, sind kein Instrument, weder des Marketings noch des Managements. Solche Schwerter des Managements braucht man nicht. Vielmehr eine zarte, entschärfte Besinnung auf ein solides soziales Miteinander, frei jeglicher Anbiederung: bleib redlich, achte dich selbst und den anderen.
Sogar fürs Geschäft tauglich! Sieh mal an.

Da fällt einem groß Kants Imperativ ein oder die kleine Weisheit: Was Du nicht willst, dass man Dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu! [*] … Was auch immer einem dazu einfällt: Steh gerade und bleib ehrlich. Sogar gegenüber Kunden! Dies erscheint empfehlenswert.

Was für eine durchgekaute Wurst …

[*] Zur Einschränkung solch Goldener Regeln, siehe Deppert, S. 12 unten ff., [PDF-Datei].

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Ein Marketing-Genie ohne Marketing

Ich mache kein Marketing; ich mache, was mir gefällt und gehe davon aus, es gefällt auch Anderen. [Jean-Claude Biver]

Laut Caesar Award, Bukarest 2010: visionärer Geschäftsmann und Marketing-Genie.

Dieses Management! Es redet immer so lustig! Durchaus aber einmal brauchbar: Ich mache, was mir gefällt. Dies ist einfach, meinetwegen genial einfach – und entspricht ganz nebenbei auch unserem natürlichem Drang, es uns recht zu machen. Warum nicht? Wenngleich im Fall Biver ein ziemlich luxuriöses Marketing-Konzept.

Der rundum zufrieden zu machender Kunde. Gar nicht so leicht, diese Aufgabe, wenn man nicht gerade ein Genie ist. Tun wir so, als wären wir eines:

Die beste Auskunft gibt man sich selbst.

Ansonsten:

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Unsere Sprache straft nicht selten Lügen

»Kunde« scheint ein universell einsetzbarer Prototyp für Internet-Nutzer, Besucher, User, Gast, Mensch zu sein. Jeder Analyse wert. Im Web: dieser Prototyp liest nicht. In der Selbstreflexion eines Biver: Ich schon. Hier aber scheint das Genie Biver doch zu irren: Gefallen, so das Credo der Webgestaltung, haben Kunden im Web an Lektüre halt nicht. Nur ich.

Sind schon toll, diese immer währenden Universallehren.

Und wenn Kunde begrifflich nicht passt: Nutzer des Netzes – das sind halt auch Leute, quasi der Kunde im Plural, Pluraliatantum des Web; und wie es scheint, auch nicht sonderlich lesewillig, allesamt.

Es sind bevorzugt Zielgruppen, sehr beliebt Fast Forward, die Frühaufsteher des Mainstreams. Die haben Geld in den Taschen. Es sind die Shopper und User, die überall irgendwie irgendwas schon kaufen – dieses Klientel geht notfalls auch.
Personas hingegen klingt fast philosophisch reizvoll, respektvoller und netter allemal als Shopper, echte Typen halt, originäre Grüppchen aus dem Tiegel Social Media, die hin und wieder sogar etwas schreiben. Ob sie auch lesen? Bloß aufpassen, jetzt nichts zu verpassen!

Drumherum verdutzte Marketer, die Probleme bekennen, diese Social Media Nutzer zu verstehen [ebd., Personas]. Beruhigt nicht ernsthaft, denn mein Eindruck ist, diese Gruppen der Web-Akteure verstehen nur das, was sich irgendwie als Zahl ausdrücken lässt.[4] Auch wenn diese Analytiker immer wieder behaupten, Bedürfnisse identifizieren zu wollen, um Einfluß darauf nehmen zu können [sic!] – in welchem Sinn auch immer: Für mein Hirn kommt da nicht allzu viel rum.
Gott sei Dank aber gibt es allerhand Internet-Agenturen, die uns diesen ganzen Kram rund um den Internet-Nutzer schon erklären: Wir verdienen uns im Netz noch alle ruck-zuck dumm und dämlich! Die einzige Voraussetzung, so erscheint es, ist die Experten-Analyse des Marktes und des Onliners für die hauseigene Content-Strategie.

Und ich dachte einst noch, ich verkaufe als Rosengärtner Rosen und schreibe ein paar Texte über deren Kultur für Rosengärtnerinnen und Rosengärtner.

Soweit der gern adaptierte Gedankengang über Kunden im Netz von Stefan Nitzsche und Co.

Die Spielarten des Kunden-Beziehungs-Managements mögen nicht überflüssig sein, mitunter jedoch besorgniserregend.

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Kurz und bündig?

Nutzer des Internets heißt: Kunde sein. Wer nicht will, wird zwangs-konvertiert. Die Ursachen des Nutzerverhaltens liegen außerhalb der Webgestaltung. WWW – ein Kaufmannsladen. Lektüre hat hier keinen Platz. Bücher verhökern, nicht lesen! Texte im Netz haben keine Zielgruppe. Ein Marketer des Lesens im Web – gibt es nicht. Der letzte Klick des Nutzers verheißt (ver-) kaufen. Lesen und Ethik im Web? Ein Suchspiel für Arme, für Träumer, für Dumme.

Im Kontext: Zusammenhangserlebnisse – Beitrag zur Kultur des Lesens im WWW – Gedanken über Geschäfte und Ethik im Web [Teil III.]