Bewertungsmöglichkeiten sind nützlich, wenn man deren Nachteile kennt
Beispiel: Rosen für die Vase
Sie mögen Rosen für die Vase schneiden? Schön! Wenn die Sorte dafür taugt, setzen Sie ein Excellent
. Möglicherweise ein zweites zu Bloom form
. Bewertung fertig. Sind Sie mit Ihrer Bewertung alleine, taucht bei der Sorte in der Summe ein Excellent
auf. Erscheint problemlos. Nun taugt die Sorte für die Vase nicht. Sie setzen ein Poor
. Eine möglicherweise wunderbare Gartenrose steht unvermittelt in der Gesamtbewertung (etwa der Übersichten) mit dem Makel Poor
. Das ist schlecht![1]
Beispiel: Rosenduft
Duft excellent
oder fair
? Was ist gemeint: Die Intensität, die Duftnote(n), die Beständigkeit (über den Tag, bezüglich Witterung, bei Vasen-Schnitt)? Ganz zu schweigen von persönlichen und kulturellen Vorlieben …
Dem einem stinkt’s, dem anderen gefällt’s. Sie haben eine feine Nase, entzückt von den vielfältigen Duftnoten, ein anderer braucht es intensiv, um überhaupt Duft wahrzunehmen und zu seinem Urteil zu finden: Poor – Excellent
.
Beispiel: Blühverhalten
Eine sommerblühende (saisonal einmal blühende) Sorte unter Bloom frequency
mit Poor
oder Fair
zu bewerten, ist ziemlich idiotisch! LEIDER DIE REGEL. Da werde ich auch nicht höflicher: Alba, Gallica, Wildrosen und Co. sind sommerblühend. Da trägt man nichts in diese Rubrik Bloom frequency
ein! Streng gesehen hat diese (optionale) Rubrik bei solchen Rosen überhaupt nichts zu suchen. Sie ist deplatziert. Sowenig sinnvoll, wenn sie bei anderen Gehölzen stünde: Forsythie, Magnolie, Korkweiden bis Kirschlorbeer und Obstgehölze. Einmal blühend: Fair
?
Eine Wildrose mit Fair
zu beurteilen, weil sie einmal im Jahr blüht, ist schlicht gänzlich daneben.
Es fehlen bei diesen Bewertungsmöglichkeiten entsprechende Kriterien: etwa FRUCHT oder Laubfarben, Laubdüfte. Foliage
deckt dieses Spektrum der Rose nicht ab.
Rosenfremde Beispiele: Ein Obstgehölz hinsichtlich des Blühverhaltens mit »Fair« zu bewerten, vergisst, dass man neben der reichen Blüte auch eine Obsttorte bekommt. Eine Duftpelargonie duftet weniger oder nicht in der (oft unscheinbaren oder spärlichen) Blüte, sondern im Laub. Wie die Nase aktiv zu einer (duftenden) Blüte geführt werden muss, gehört solcherart duftendes Laub zwischen den Fingern zart gerieben, um die wunderbaren Düfte genießen zu können. Alles dies können Rosen auch: Von den essbaren Rosenfrüchten bis zum duftenden Laub und Kelchkronen – und zwar nicht nur der Moos-Rosen. Diese Eigenschaften-Vielfalt finden Sie bei HMF nicht oder kaum berücksichtigt. Mitunter weisen einige Kommentare bei den Fotos oder unter Member Comments
darauf hin. Man muss diese Vielfalt der Rose quasi zwischen den Zeilen lesen und suchen.
Beispiel: Rosenlaub und Gesundheit
Manche sehen im glänzendem Laub ein Indiz für eine gesunde Rose und beides gefällt. Andere wissen, dass der Glanz des Laubes mit der Gesundheit nichts zu tun hat und bevorzugen das matte Laub vieler (»historischer«) Sorten. Der eine notiert Fair
, der zweite Excellent
unter Foliage
. Im Mittel sieht der Dritte ein Good
als Ergebnis: Und nun? Was sagt dieses Good
dem interessierten Rosengärtner? Nichts!
Pflanzen Sie ‘Paul Noel’ windumspült inmitten des Garten: Laub glänzt, fett dunkelgrün. Tatsächlich aber ist diese Sorte sorteneigen stark anfällig für Echten Mehltau.
Welche Bewertung unter Foliage
auch immer auftaucht: Schauen Sie selbst genauer hin.
Cold hardy
und Rain tolerance
: Ärgerlich, wenn man sich auf Excellent
verlässt, die zwei dutzend abgegebenen Bewertungen dazu sind alle aus Sacramento, Australien und den sonnenumspülten Küsten New Zealand.
Viel Spaß mit diesen Sorten!
Das Gleiche gilt für Disease resistance
: Wer in Australien kennt schon Sternrußtau und Falschen Mehltau?
Wer sagt denn zur jeweiligen Rose Excellent
oder Poor
, wo wohnt er und was meint er?[*]
Internationale Vermarktung und das Fair
bei HMF – »Fair«? Dann lieber eine andere Rose …
Warum denn das? Wer in Nord-Schweden Sorten südfranzösischer Züchter nicht gefällig zur Blüte und überhaupt nie über den Winter bekommt, hat kein Recht, diese Sorte mit Fair
zu bewerten in einem Portal wie HMF. Zu pauschal, zu einfach, zu eindimensional, eine solche Sorte, die in warmen Gefilden den Garten mit Duft und Farbe verwöhnt, abzuwerten, weil sie am heimischen Nordpol nicht wächst – aber auf dem internationalen Markt verfügbar ist.
Beispiel: Die Kanadier und ihre Rosen
Die im Norden Kanadas haben einen eigenen Geschmack, was Rosen angeht. Verwöhnte Sonnenkinder anderer Gefilde bewerten so manche dort beliebte Sorte gänzlich anders, nicht nur was die Winterhärte betrifft, sondern auch die Blüte betreffend und das Blühverhalten. Einige dieser Sorten etwa der Earth Kind, Parkland Series or Explorer Series habe ich schon vermehrt. Sie werden hier bei mir im Verkauf kaum wahrgenommen. In Kanada sind es DIE Rosen, allein der Winterhärte wegen, was die Auswahl doch arg begrenzt. Wundervolle Blüte einer Strauchrose liest man dort, hier werde ich bei manchen Sorten gefragt, ob es ein »Bodendecker« sei.
Ferner führt das Einkreuzen der winterharten Rosa arkansana bei einigen Sorten zu frühem Laubwurf. In Kanada egal, der Winter kommt früh. Bei einem goldenen Oktober in Schleswig-Holstein freilich macht sich diese Eigenart weniger gut. Zumindest ist es gewöhnungsbedürftig. Für die Bewertung betreffender Rosen sollte der norddeutsche Rosenfreund nicht ungerecht gegenüber der kanadischen Rosenzucht und den Rosengärtnern/-innen dort werden.
Die Rosenmarkt ist international, die Geschmäcker und Bewertungen aber nicht.
Gesund
bei HMF – Pah! Das Dreigestirn des Rosengartens: Die Sorteneigenheiten, den eigenen Standort sowie die eigene Gartenkultur zu überprüfen ist angesagt …
Die meisten Sorten sind nicht sortenbedingt anfällig. Die gibt es freilich auch zu genüge! Jedoch ist es oft der Gärtner, der Gesundes krank macht. Falscher Standort, stickstoff-überdüngt, falsch eingepflanzt, unpassende Schnittmaßnahmen …
Diese Resistenz-Debatten sind mitunter eine Qual. ALLE Rosen habe ich schon krank gesehen und so manche mit kaputten Ruf als Blüh- und Gartenwunder.
Spritzen Sie Ihre Rosen? Vorbeugend, regelmäßig, konsequent bis Saisonende? Das machen Sie nicht? Gut. Ich mach’ s auch nicht. Nun aber wäre ich ganz neugierig, wie unsere Bewertung hinsichtlich Gesundheit ein und derselben Sorte von uns bei HMF ausfällt zu demjenigen, der Spritzintervalle zur Kultur der Rose gehörend (miss-) versteht.
Die Toleranz gegenüber Blattflecken aller Art ist sehr unterschiedlich. So unterschiedlich wie die Kulturbedingungen der Gärten und das Know-how der Gärtner/-innen.
Es ärgert einen, diese Bewertungen, wenn sie als Maß für die Beurteilung der Sorten herangezogen und herbei zitiert werden.
Und es fehlt leider allzu oft ein (selbst-) kritisches Lesen derjenigen, die sich an solchen Bewertungsportalen »stramm« orientieren.
Eine sachliche, kritische Haltung ist immer gut
Kurzum: Bleiben Sie kritisch beim Lesen dieser Poor–Excellent
–Geschichten. Reflektieren Sie (selbstkritisch) Ihre eigenen Maßstäbe und Erfahrungen. Oder fragen Sie ihren Nachbarn. Oder – wie sagt man es so schön – den Gärtner Ihres Vertrauens. Letzteres zusammengenommen ist stets wichtiger als ein Excellent
oder Poor
bei HMF.[*]
[*] Beispiel ‘Port Sunlight’, zwei Jahre im Sortiment, dann entfernt; Blüten mögen keinen Regen, nicken, Strauch spärlich, Duft eher zart, Frostschäden. Den Sport von 2008 habe ich behalten.
Kann ich mit dieser Sorte einfach nicht Freund werden, steht diese Rose bei HMF mit »Excellent-« bewertet. Geschäftstüchtig könnte man diese Sorte somit im Sortiment anbieten – und auf HMF verweisen …
Beispiel von Rosen mit Excellent
aus dem nordamerikanischen, kanadischen Raum, welche ich über die Bewertungen bei HMF bestellte, in der Hoffnung, sie seien auch für den hiesigen Raum Excellent
. Eine Vielzahl der Sorten sind es nicht; was drüben wächst, wollte hier einfach nicht sein. Angemerkt sei: Ein teueres Unterfangen, ein, zwei Dutzend Sorten Jahr für Jahr zu recherchieren, zu bestellen und aufzupflanzen sowie zu vermehren, um nach zwei, drei Jahren nur noch eine Handvoll Sorten übrig zu haben, die hier vertretbar in den Verkauf können.
Was für Sie bei einzelnen Sorten nur eine ärgerliche Erfahrung ist, ist für manche Rosenschule ein ziemlich hoher finanzieller und zeitlicher Aufwand, der nicht honoriert wird, so dass die internationale Vermarktung oftmals Ihnen und Ihren missglückten Erfahrungen mit Sorten gegenüber innerhalb des angebotenen Sortiments gleichgültig ist: Insbesondere im Topf gedeiht im Fachbetrieb alles – und wird verkauft und gekauft.
Beispiel von Rosen hinsichtlich Gesundheit: Was im australischen Klima problemlos Freude beschert, wächst noch lange nicht im feucht-kühlem Klima der Nord- oder Ostseeküste Deutschlands. Was dort als »gesund« kursiert, wird hier oftmals erbärmlich krank; die Australier lächeln über die Sorgen rund um Sternrusstau und Falschen Mehltau bestenfalls mitfühlend – ernsthafte Sorgen um diese Erkrankungen der Rose haben sie in ihrer Gartenkultur nicht; zumindest in den meisten Regionen dieses Kontinents.
Nochmals: der Internationaler Rosenmarkt und die eigenen Gartenpläne
Vollkommen daneben betrachte ich über jenes »Dreigestirn der Rosenkultur« (Sorte, Standort, Gartenkultur) die Tendenzen des internationalen Marktes, Sorten von dort und überall unbedingt auch hier pflanzen zu wollen, notfalls mit der Rückenspritze auf Biegen und Brechen. Allein einer »hübschen Blüte« wegen oder um einen vermeintlichen, mit Verlaub: unersättlichen »Raritäten-Gedanken« zu folgen; nicht zuletzt wegen eines Excellent
bei HMF
, dem zu rasch und gerne Glauben geschenkt wird.
Eine Rose kann noch so viele Excellent
-Bewertungen haben, will sie nicht in der eigenen Scholle sein, hilft auch die schönste Blüte nicht: Das Vorhaben mit dieser Sorte wird dann nichts.
Sowenig wie die Rosengärtner alle gleich sind, so wenig sind es die Kulturbedingungen mit einer sinnvollen Auswahl der Sorten. Auch auf die Gefahr hin, mir bitterböse Briefe einzuhandeln: Sorten aus fernen Ländern, die bei mir nach zwei, drei Jahren »Probelauf« zeigten, nö, hier wird das nichts mit mir, landeten auf dem Kompost und wurden im Herbst aufgebrannt. Ich behandelte also solche gängigen Sorten wie es Produktionsbetriebe bei Überschuss-Produktion zu tun pflegen.
In den letzten Jahren der Rosenschule habe ich meine Rosen auch des Verkaufs nicht mehr gespritzt (Ausnahme, wenn Falscher Mehltau drohte, mit dem in Monokulturen einer Baumschule nicht zu spaßen ist); dies ging mit einem gewissen Mehraufwand wunderbar! Und schaffte eine sinnvolle Selektion verschiedener Sorten. Nur marktkompatibel war es nicht! Denn es wurde mir übel genommen, wenn sich beim Kunden nach Kauf der Rose schon binnen weniger Tage etwa Flecken auf dem Laub zeigten (aus welchen Gründen auch immer) – und nicht erst nach der rund 14-tägigen Wirkdauer diverser Spritzintervalle. Sorten, die im hiesigen Raum anfälliger sind als anderswo, wären ohne diese vermeintlich zur Aufzucht gehörenden Spritzintervalle nicht einmal gekauft worden! Sie fänden automatisch keinen Platz im hiesigen Handel.
Auf diesem neuzeitlichen, internationalen Markt und mit dieser Illusion, das »Pflanzenschutz« zur Kultur der Rose gehöre, geht freilich hüben wie drüben alles über die Theke in die Gärten … nicht zuletzt Dank HMF und seinen Poor–Excellent-Kategorien.
Was auf der einen Seite der Welt gedeiht, gedeiht halt nicht zwingend auf der anderen Seite. Schöne, begehrte Blüte im Katalog und Internet hin und her …
Zu den zweckfreien Angaben einer infection rate 0% to 5%
, siehe die Anmerkung bei der Sorte ‘Ispahan’.
Die Fotos bei HMF (und anderswo)
Fotos sind hilfreich und gut, wenn sie die Rosen zeigen, wie sie sind. Bei manchen Sorten bei HMF finden sich zwei dutzend Blütenbilder und kein einziges Strauchbild. Um es deutlich zu sagen: Es fehlen mir zu oft Fotos, die Rosen nackt im Winter zeigen, Fotos von Trieben, Laub, Stacheln, Früchten und Laubfarben, von den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten im Garten.
Sie pflanzen Rosen, keine Blüten.
Selten, das darüber noch mehr gezeigt wird: Seht, bei mir nur Mumien, bei mir ständig krank, Wuchs hier bei uns einfach nur blöd …
Ortsangaben zu den Fotos helfen immer.
Technisch brillante Fotos mit exaktem Weißabgleich zeigen die Sorte; wenn man so will: ungeschminkt. Sonnenumspülte, strahlend belichtete Postkartenbilder indessen zeigen nur hübsche Fotos: Nicht aber zwingend das, was Sie im Garten wieder finden werden.[*]
Schlussgedanke
Nun ist HMF ja nicht wissenschaftlich unterwegs. Gut so. Ein offenes Portal. Mit einem gehörigen, nicht ausgeschöpften Potenzial!
Man prüfe halt generell, ob wahr sein kann und ist, was man sieht und liest …