Linux – Glück und Leid
Wahlfreiheit, Selbstbestimmung, steile Lernkurven: Linux-Distributionen.
Wer ein Auto kauft, will Funktion – und Design. Mitunter ist diese Rangfolge gewendet. Bekommt man beides, wie auch immer persönlich gewichtet, ist das Auto wohl richtig.
Ich fahre seit kurzer Zeit nun auf einer Linux-Distribution. Hört sich etwas nach »Limousinen-Edition« an. Passt aber nun gar nicht, dieser Vergleich!
Linux-Distros sind weder wie eine Limousine geschlossen, vielmehr sind sie offen – sozusagen die Coupés unter allen Betriebssystemen – und eine »Chauffeurslimousine« ist in diesem »Auto-« alias »Distro-Haus« schon gar nicht zu haben. Wer nicht selbst fahren will, wird mit keinem Betriebssystem glücklich werden. Am wenigsten mit einer Linux-Distribution.
Wer aber das Steuer gern in der eigenen Hand hat, für den ist irgendeine der bummelig 300 hundert Distros genau das richtige Betriebssystem.
Bummelig 300 hundert Betriebssysteme? Jup, so viel zur Wahlfreiheit.
Wer in dieses »Distro-Haus« einkehrt, kann wählen. Daneben steht eine Garage namens »Apple-Macintosh«. Und gleich davor ein rundum ziemlich geschmacklos geratener Bau namens »Microsoft-Windows«.
Wer nicht selbst fahren will, wählt in jener Garage »Design – und Funktion« oder aus diesem geschmacksfernem Bau das, was halt dort zu haben ist.
Selbstbestimmt freilich ist dies nicht: Zwischen A(pple) und M(icrosoft) zu wählen, wenn einem das gesamte ABZ offen stünde, wenn man nur will: Wahlfreiheit macht irgendwie Arbeit.
Diktaturen schränken jede Wahlfreiheit ein – dies ist auch das Wesen proprietärer Betriebssysteme. Unter einer Diktatur steht man entweder auf oder man richtet es sich ein.
In den Jahren 2014 und 2015 – beim Schreiben dieser Webseiten – habe ich für mich diesen »Diktatur-Vergleich« in vielerlei Hinsicht abgearbeitet: Netz, Social Media, Wissenspeicher Web, der Zugang und die Nutzung dieses World Wide Web am heimischen Computer wird dann frei, wenn die Nutzer es wollen, aufstehen und es frei machen.
Niemals mehr proprietäre Software in meiner Schreibtisch-Arbeitsumgebung! Wahrhaft wohltuend, wenn es gelingt …
Die Gründe für diese Haltung sind endlos. In den Beiträgen meiner Seite Gestaltung [Sprung zum Absatz] stehen einige der Gründe. Für mein eigentliches Thema, Rosen und deren Kultur, finden sich passende Gedanken an anderen Stellen.
Das Potenzial
Der Marktanteil aller Linux-Distributionen zusammengenommen: Er interessiert mich überhaupt nicht mehr! Er ist, wie er ist. Aber das Potenzial rund um »Linux« ist enorm, unausgeschöpft und nicht ausschöpfbar.
Obgleich frei in den Raum gesprochen, behaupte ich, dass diese »Distros« mit deren zugrundeliegenden Gedanken und tragenden Ideen ausgereift pragmatisch sind, nützlich für alle und somit gesellschaftspolitisch als auch ethisch leitend sein könnten.
Möglicherweise erinnern oder assoziieren sie diese hervorgehobenen Wörter bei der Lektüre rund um »Linux« – und fügen Ihre eigenen gedanklichen Verknüpfungen hinzu.
Fahren ist schön pragmatisch …
Wenn Sie gerne Auto fahren, müssen Sie nicht den Ehrgeiz entwickeln, das Automobil in allen Teilen selbst herzustellen und zusammenzubauen. Bei einem Auto aus dem Hause »Linux« könnten Sie es aber! Linux ist quelloffen: Sie können in die Systeme schauen, daran mitarbeiten, eigene Systeme konstruieren und zusammenstellen, Ihr eigenes System mit anderen verknüpfen – und am Ende von der Picke ein funktionierendes (möglicherweise sogar ein schönes) Automobil erschaffen.
Sie müssen es aber nicht. Sie können mit Linux auch nur herumfahren, arbeiten, Ihre Angelegenheiten erledigen, Ihren Betrieb organisieren oder persönliche Dinge via Computer und Netz erledigen.
Dies alles können Sie weder mit Apple, geschweige denn mit Microsoft. Wahlfreiheit und Selbstbestimmung sind keine Ziele für proprietäre Geschäftsideen. Das Kapital dieser Firmen und Konzerne heißt »Betriebsgeheimnisse«. Was geheim ist, können Sie nicht wissen, Sie sollen es nicht wissen, nicht beeinflussen, nicht verändern, nicht selbst wieder heile machen – Sie können es bestenfalls und sollen es gegen Bezahlung nutzen, reparieren lassen, neu kaufen.
Dies entspricht nicht den ursprünglichen Ideen des Netzes, des World Wide Web
.
Ich zitiere einen Passus über Berners-Lee einfach an dieser Stelle erneut:
1994 gründete Berners-Lee das World Wide Web Consortium (W3C) am Massachusetts Institute of Technology. Wichtig war, dass er seine Ideen und technischen Umsetzungen nicht patentierte, sondern frei weitergab. Auch auf die Maxime des World Wide Web Consortiums, nur patentfreie Standards zu verabschieden, hatte er starken Einfluss. (…) Das Web editieren zu können ist genauso wichtig wie durch das Web zu browsen. (…) Informatiker tragen nicht nur eine technische, sondern auch eine moralische Verantwortung. (…) 2014 forderte er (…) einen Grundrechtekatalog für das Internet und die Loslösung der Vergabe von Domainnamen und IP-Adressen aus US-amerikanischer Hand (…) [*]
[*] World Wide Web und Tim Berners Lee [bei Wikipedia].
Vergleiche ZDNet – Tim Berners-Lee fordert Grundrechtekatalog fürs Internet (März 2014, Bernd Kling).
Das Phänomen World Wide Web – Beiträge über die Geschichte des Internets … mit einem Ausflug in die Computerethik.
Ich zitiere mich ferner selbst: Wer hier nicht mitdenkt und angemessen handelt, versteht seine Zeit, das Netz und sich selbst nicht. Jeder gemachte Klick im Netz kann helfen, die eigene Freiheit zu stärken und den Nutzen des Netzes für alle zu fördern. Leider gilt auch das Gegenteilige. Die eigene Haltung und das eigene Tun sind stets gefragt, wie beim Schutz der sogenannten Umwelt, bei einer politischen Wahl oder bei einer Entscheidung im Bereich von Moral und Ethik. Die Bedeutung des Netzes heute mag ein jeder selbst einschätzen – und entsprechend denken, entscheiden und handeln.
Linux ist scheisse …
Surfen Sie nach dieser Überschrift: Sie werden fündig werden! Und in der Tat: Linux ist sch …!
Kaufen Sie heute einen Computer, ist auf dieser Hardware zu bummelig 99% Software installiert: Macintosh oder Windows als Betriebssystem. Vorinstalliert …
Sie haben heute kaum eine Wahl: Einen Computer ohne Betriebssystem bekommen Sie kaum mehr, obgleich er für Sie deutlich günstiger wäre. Sie könnten auf einen solchen, »nackten« Computer ein (kosten-)freies Betriebssystem eigenständig auswählen und installieren oder von einem Fachmann aufspielen lassen. Zugeschnitten exakt auf Ihre konkreten Anforderungen und Bedürfnisse an diesem System.
Auch ich brauchte ein neues Auto, das schlicht fährt und mir noch irgendwie gefällt! Ich habe einen Betrieb, muss Rechnungen schreiben und Adressen organisieren, Schriftwechsel aller Art schreiben und verschicken, diese Webseite online halten … mit Freunden und Verwandten in Kontakt bleiben.
Zeit, um ein System zu bauen, das mir all dies ermöglicht, habe ich nicht, wohlmöglich sowenig wie Sie.
Dennoch: Ich habe meinen zuvor über rund 10 Jahre genutzen Mac platt gemacht – und Sie glauben mir nicht, wie viel Glücks-Hormone mir dabei durch die bequem gewordenen Adern gingen! Was für ein gelungener Spaß, sich von einem solchen System zu entwöhnen, eigenhändig und Schritt für Schritt den Stecker zu ziehen – und »Tschüß« zu sagen!
Ich habe mir ein neues Auto gekauft, genau genommen sogar zwei – theoretisch sogar 300 hundert neue Autos! Aus diesem Fundus wählte ich nach sehr guter Beratung und viel eigenem Hirnschmalz die Linux-Distribution Linux Mint, welche mit freier Software bestückt einen sofort arbeiten und genießen lässt, jedoch auch unfreie, proprietäre Soft- und Hardware zulässt.
Sowie Trisquel, ebenfalls eine Linux-Distribution und eine der wenigen, die konsequent ausschließlich mit quelloffener, freier Software ausgestattet ist. Letztere probiere ich über eine sogenannte Live-DVD derzeit paralell zu meinem Arbeitsrechner aus. Beide Distros werden gewiss nicht meine ersten und letzten sein. Viel zu spannend, was es zu entdecken gibt …
Um es kurz zu machen: Ich kann auf meinem neuen System alles machen, was ich brauche, sogar effizienter (was ich nicht gedacht habe!) als zuvor auf diesem Macintosh. Es war zugleich eine steile Lernkurve, denn viele Gewohnheiten und Techniken mussten abgelegt und darüber hinaus ein eigenständiges Denken und Handeln auch auf dieser Ebene rund um Computer erlernt werden. Und obgleich ich noch in den Anfängen stecke, sozusagen aus der Startposition gerade erst herausgekommen bin, sind meine Erfahrungen bei diesem Lauf wie ein erholsamer Spaziergang an der frischen Ostseeküste, tiefenentspannt und wohltuend.
Leid … und Schmerzen
Gleich am zweiten Tag setze ich das gesamte System auf Grundeis! Nichts ging mehr! Meine Daten aber waren gesichert – und so spielte ich das Betriebssystem mit Hilfe von Herrn Stimpfig wieder auf meinen Computer auf, speiste die Daten innerhalb weniger Minuten wieder ein – und war um eine Erfahrung reicher: Jetzt weiß ich, wie dieses Aufsetzen einer Distro geht und was Herr Stimpfig in einer E-Mail mit Schmerzen
beim Gebrauch von Linux-Systemen wohl meinte: Man ist auch frei, ziemlich viel Unsinn machen zu können!
Und mit diesen freien – jedoch keineswegs stets kostenlosen – Systemen rund um Linux aber geht am Ende alles! Etwas Umsicht, gesunde Neugierde sowie Gelassenheit schaffen eine Arbeitsumgebung, von der Macintosh und Windows nur erzählen.
Ich mache an dieser Stelle einfach Schluss, verweise auf den »Computerhandel meines Vertrauens«, Diawo, unter der vorzüglichen Regie von Tobias Stimpfig, mit der Betonung, dass diese Werbung mir nichts einbringt – und empfehle Ihnen: lernen Sie Linux kennen, lieben und leiden Sie. All dieses Auf und Ab aber ist frei, ehrlich und nachhaltig, und gewiss stets besser als alle Windows und Macintosh dieser Welt …