Schriften: Größe – Lesbarkeit – Stil
Arial, Helvetica und Co.
Die Schrift Arial findet sich auf fast allen für das Internet tauglichen Geräten. Wer als Schreiber einer Website keine Überraschungen hinsichtlich der Darstellung der eigenen Seiten auf den heimischen Computern der Welt haben will,
wählt diese Schrift; gerne die etwas filigranere, möglicherweise ansehnlichere Helvetica an erster Stelle, dann Arial, dann Verdana (oder so ähnlich).
Der heimische Computer arbeitet diese Schriftarten in der vom Designer angegebenen Reihenfolge ab. Hat der hauseigene PC die Schriftart Helvetica gespeichert, wird die Website auch in dieser Schrift gezeigt; kennt der PC diese Schrift nicht, zeigt sich die Website in Arial …
Egal aber, welche Schriften man als Webdesigner passend findet: Der Nutzer mag irgendeine andere Schriftart favorisieren und gar seinen PC darauf eingerichtet haben. Auch hinsichtlich der Schriftart sollten Webseiten flexibel sein …
Die Auswahl der Schrift für das Web bleibt letztendlich eine Frage des Geschmacks. Auf die ungezählten Exoten von Schriftarten mag ich nicht eingehen. Lesbar sollte die gewählte Schrift sein. Flexibel sollte die gewählte Schrift sein. Austauschbar sollte die gewählte Schrift sein.
Wer sich als Schreiber einer Website vor der Vorstellung graut, dass sein eigener, mühevoll entwickelter Geschmack der Flexibilität des Netzes unterworfen ist, schreibt lieber Bücher. Unveränderlich im Regal der Leser – in der jeweilig gewählten Schrift.
Die Versuchung, die Starrheit eines Holzbuches auf das virtuelle Buch des Netzes zu übertragen, ist groß. Ein, zwei Klicks unter Einstellungen seines Browsers, schon gestaltet der Nutzer hauseigen. Wie ärgerlich! Will man nicht.
Ein Layout des Wortes für alle Nutzer zu erzwingen, es geht; es geht jedoch am Kerngeschäft des World Wide Web (WWW), Informationen zu vermitteln, vorbei.
Möglich aber ist es bedingt schon, das Design des Wortes zu erzwingen: Schrift und Text verpackt in unveränderlichen Grafiken. Quasi das geschriebene Wort als Foto.
Es präsentiert dem Nutzer jedoch keine Konsistenz eines vom Ausgabegerät unabhängigen Designs, sondern zeigt, dass der Schreiber dieser Website nicht allzu viel von den Eigenheiten und Möglichkeiten des WWW versteht. Suchmaschinen lesen keine Grafiken. Sie übersehen sie einfach. – Es ist doch ziemlich blöd: hilfreiche, lustige, interessante, lesenswerte … Texte zu schreiben, die jedoch von kaum jemanden gefunden werden, weil schon die Suchmaschinen diese Grafik-Texte nicht lesen und entsprechend als Suchergebnis auch nicht anbieten können![1]
Ohne Sprache funktioniert weder das Internet noch das Web.
Gott sei Dank findet sich im WWW noch Sprache: ungekürzt, gar lange, große Textseiten, rabenschwarz, ohne Schnickschnack, purer Lesestoff, nackt auf zartem Hintergrund und informativ.
Bitte, wer will, mache diese Texte schön, sorgt für einen angemessenen Zeilenabstand, wählt den Text nicht zu breit – und füge halt noch einige Bildchenund Fotos hinzu. Auch bei Texten mag ja die Regel des Gourmets gelten: das Auge isst respektive liest mit.
Aber:
Eine kleine Schrift ist weder professionell noch schick! Dies gilt, nebenbei gesagt, auch für die Bedienung der Button für einen Seitenwechsel: Eine motorische Geschicklichkeit wie beim Einfädeln eines Fadens ins Nadelöhr abzuverlangen, ist an der Grenze des noch Zumutbaren vorbei … Keine Beispiele: Jeder Nutzer des WWW hat (selbst) genug davon!
[ergänzt 02.2020] Die Verfechter der kleinen Schriften haben den lapidaren Hinweis parat: Der Nutzer könne die Schriftgröße selbst bestimmen. Die praktischen Button - A + A für die Schriftgröße finden sich auf allen modernen Browsern.
Alternativ via Tastatur:
Befehlstaste gedrückt halten [Strg oder cmd ⌘ (gleich command) bei MAC oder die SHIFT-Taste bei Windows], dann folgende Tasten drücken: Taste + (Schrift größer) oder Taste - (Schrift kleiner); Taste 0 (Null-Taste) führt zur Ausgangsgröße zurück.
Dieser Hinweise sind nett. Warum aber nicht gleich lesbar und nutzbar die eigene Seite gestalten? Weil große Schrift plump wirkt? Weil es übersichtlicher ist, alles klein und kleiner zu machen? Weil im Header nicht mehr Platz ist?
Weil es Trend ist: Fernseher so flach wie eine Zeitung, Handys so klein, dass große Finger beim Wählen einer Nummer kaum mehr die Zahlen treffen … Klein ist schick! Mal ehrlich: Gilt dies auch für Schriften, für Text, für das geschriebene und zu lesende Wort? Im modernen Medium »Internet« scheint KLEIN besonders »hip« zu sein. Keine Ahnung aber, was da wirklich treibt: Schriften und Menüs im Netz als Miniatur-Ansichten anzubieten.
Wer das schöne Miniatur-Design zerschlägt, indem er das Zu-Kleine mit besagten Browser-Button vergrößern will oder einer Sehschwäche wegen gar vergrößern muss, denkt, wie banal: ICH WILL LESEN! Bald ein Witz, dass für dieses Vorhaben ein letzter Satz nötig erscheint: Da mögen Designer/-innen dann halt doch noch einmal über den Sinn und Zweck von Sprache, über den Sinn und Zweck von Design, über den Sinn und Zweck ihrer Seiten kräftig nachdenken …
Ohne Sprache geht im Netz nichts.
Diverse Links zum Handwerk finden sich rasch: zu Schriften, Zeilenabständen und Textgestaltung im Netz. Grundlegendes leider nicht; folgender Link sei empfohlen:
Beton fett – HTML-Semantik zwischen Wichtigkeit und Wirklichkeit. [Leider nur noch über das Internet-Archiv verfügbar: Beton fett (…)].
(Meine) Quintessenz des Inhaltes: Ernüchternd, wenn Instrumente, die Texte strukturieren und damit die Bedeutung geschriebener Sprache erkennbar machen, aus der Hand gegeben werden. Ein zu lascher Umgang mit diesen Instrumenten führt dazu, dass wir uns nicht mehr eindeutig mitteilen können. Ein Desaster, wenn wir aus purer Bequemlichkeit und Effekthascherei ungenutzt lassen, was uns auszeichnet: im höchsten Maße sprachbegabt zu sein. Insoweit spiegelt der Umgang mit der Text-Auszeichnungs-Sprache HTML für das Netz ein Bild unseres Umgangs allgemein mit Sprache wider. Darüber erscheint »Desaster« noch untertrieben formuliert.
Schlussbemerkung (1): Suchmaschinen-Optimierungswahn. Alle wollen gefunden werden; am besten: Seite 1, Platz 1 bei Google. Auch hier versuche man es einmal – statt mit Tricks und Zauberei[3] – schlicht mit reinem, inhaltsreichem Text. Suchmaschinen stehen auf (lesbare) Infos. Denn das Maschinen-Gelesene präsentieren sie dem geneigten Surfer! Alles andere nicht. Wer hin und wieder etwas sinnvolles schreibt, in lesbarer Schrift, so darf vermutet werden, wird auch in den Weiten des Netzes gefunden und immer wieder gerne besucht …
Schlussbemerkung (2) [angehängt 02.2020]: Die Entwicklungen der Auszeichnungssprache, der Adressierungen (»Links«) und Übertragungsprotokolle (HTTP), schließlich eines Web-Browser und Web-Server von Berners-Lee: All diese Entwicklungen durch Berners-Lee als proprietäre Produkte vermarktet? Vermutlich wäre er heute der reichste Mensch aller Zeiten.
Die Nutzung des WWW auch als kommerzielle Plattform ist die eine Seite (neben Wissensspeicher und Informations-Austausch). Die Aneignung indessen und die einhergehende frühe Kommerzialisierung der von Berner-Lee frei verfügbar gemachten Säulen des Web
[Stefan Münz] hat andere, in bald typisch amerikanisch-kapitalistischer Wildwest-Manier reich gemacht – und die Nutzer unfrei.