Individualisierung als Schlüssel für die Gestaltung des Netzes
[1].
Um das Netz derart gestalten zu können, braucht der Gestalter aussagekräftige, umfangreiche Informationen über die Nutzer des Netzes.
Marktkonformer Datenschutz
ist das Ergebnisse einer Übereinkunft von Lobbyismus (Vertreter des Marktes) mit der Politik.
Inwieweit in dieser Übereinkunft die Politik die Rolle eines „Vertreters des Volkes“ einnimmt, ist eine der Fragen, welche sich aus dieser Anpassung
des Datenschutzes zugunsten einzelner Vertreter des Marktes ergeben.
Der Markt spricht von einer Win-Win-Situation, er selbst als auch die Nutzer des Netzes würden profitieren.
Das Netz würde zu einem individualisierten Erlebnisraum
, angepasst an die mutmaßlichen Wünsche der Nutzer anhand der umfassenden Erhebungen von Nutzerdaten, deren Auswertung und deren Verarbeitung.
Eine Individualisierung des Netzes
funktioniert über die Verfügbarkeit ausreichender Informationen über die Nutzer, über eine ausreichende Erhebung und Verarbeitung von Nutzerdaten, deren Analyse, deren Zusammenfügung, deren Kauf und Verkauf:
Letztendlich für das Erstellen wirksamer Module
, Techniken, Strategien, welche dafür dienen sollen, um auch real und nachweisbar Einfluss auf die Nutzer nehmen zu können. [2]
Die Erhebung der Daten selbst erfolgt für die Nutzer unmerklich: Durch Öffnen einer Website werden im Hintergrund Daten generiert … Daten werden erhoben über den gesamten Zeitraum, wo Nutzer online sind und surfen.
Die gewünschten Zusammenführungen und Verarbeitungen aller Daten für die
Gestaltung des Netzes
sind für die Nutzer nicht transparent, rückwirkend nicht nachvollziehbar, welche Daten von welchen Nutzern erhoben und wie und durch wen diese Daten verarbeitet werden.
Die Datenerhebungen und deren Verarbeitungen sind von Seiten der Nutzer des Netzes kaum einsehbar,
nicht beeinflussbar – am Ende auch nicht korrigierbar. [3]
Akteure des Marktes benennen eine der möglichen Gestaltungen des Netzes
– die Mitsprache der Nutzer des Netzes ist in diesen Konzepten nicht vorgesehen.
Conversion-Optimierung
ist zum Beispiel die Idee, Nutzer des Netzes zu Stammkunden zu konvertieren
, sobald diese Nutzer des Netzes eine Website
öffnen. Diese digitale Wertschöpfung
für das jeweilige Geschäft erfolgt für den Nutzer unmerklich, indem die Website sich „individuell“ den Nutzern anpasst anhand der Daten, die im Hintergrund über die Nutzer gesammelt und nach Maßgaben der Akteure des Marktes ausgewertet sind mit dem genannten Ziel, durch diese Individualisierung ein positives Erlebnis für den Nutzer
hervorzubringen – und für den Markt Gewinne zu generieren.
Diese Beeinflussungen der Nutzer erfolgen auf verschiedenen Ebenen des Designs, der Psychologie, der Sprache, durch manipulative Techniken … durch für den Nutzer fremdbestimmte Verfügbarmachung oder Ausblendung von Informationen …
Um Einfluss auf den je einzelnen Besucher einer Website nehmen zu können, braucht es Daten über genau diesen einzelnen Besucher: Dies ist der Kern benannter „Personalisierung von Erlebnissen im Netz“. Die Grundlage hierfür sind individuelle Nutzerdaten. Anonymisierte Nutzerdaten waren und sind für diesen Markt nicht befriedigend. Die Datenerhebung durch den Markt zielt demnach auf ein umfassendes individuelles Profil über die Nutzer des Netzes. [4]
Beispiele erhobener Daten: allgemeine und spezielle Interessen (Kleidung, Hobbys, Freizeitgestaltung), allgemeine und aktuelle Lebenssituationen, realer Aufenthaltsort, politische Verordnung, Familienstand, sexuelle Orientierung, allgemeine und aktuelle Gefühlslage, konkrete Arbeitssituation (gut situiert, arbeitslos), Bonität …
So ermittelt zum Beispiel der Seitenhaber einer besuchten Website, wie der einzelne Nutzer sich 1) auf dieser Website und 2) vor dem Besuch und 3) nach dem Besuch dieser Website hinweg
im Netz bewegt, womit er sich (weitergehend) beschäftigt, welche Foren, Social Media-Kanäle, welche Websites und so weiter er weitergehend aufsucht, wie er sie nutzt … was er einkauft und wo, ob er regelmäßig bestimmte Websites aufruft, Geschäfte besucht, regelmäßig bestimmte Einkäufe tätigt … online und – etwa durch Kartenzahlung in Geschäften – offline.
Besucht er Websites für Wellness, Fortbildungen, Schuldnerberatungen, von politischen Organisationen, Auslandsreisen, Immobilienpreise …?
Wo surfen Sie so über den Tag?
Erhebungen und Zusammenführungen sowie Verarbeitungen von Nutzerdaten sind die drei Grundlagen für jede Art Individualisierung / Personalisierung
der Gestaltung des Netzes.
Diese Individualisierung / Personalisierung
betrifft zum Beispiel die Auswahl präsentierter Waren und deren Preise, dies betrifft „personalisierte“ Ergebnisse bei Suchanfragen (personalisierte Suchergebnislisten), ausgesuchtes Einblenden „personalisierter“ Werbung, ausgesuchter Inhalte aller Art, zum Beispiel Produkte, Nachrichten, weiterführende Links.
Der Schlüssel für die personalisierte Gestaltung des Netzes
ist für den Nutzer umfassend, unmerklich sowie fremdbestimmt. Einfluss auf das generierte Profil durch den Markt haben die Nutzer kaum.
Ethisch sind manipulative Versuche höchst problematisch und zu verurteilen, da sie die Unwissenheit des Konsumenten ausnutzen sowie seine Autonomie und rationale Urteilsfähigkeit untergraben. [5]
Jemanden manipulativ zu lenken, gar zu überreden, etwas zu tun, was er eigentlich nicht will, es ist eben etwas anderes, als jemanden offen den Weg zu zeigen und zu überzeugen.
Die Rahmenbedingungen für die Sicherung der Souveränität der Nutzer des Netzes zu schaffen, es mag eine Aufgabe der Politik sein. Diese Rahmenbedingungen für die Souveränität der Nutzer indessen erscheint für den Markt hinderlich zu sein für die Durchsetzung marktkonformer Interessen.
Die Politik stellt im Idealfall Verordnungen, Gesetze für den Schutz des Einzelnen. Und der einzelne Nutzer entscheidet und handelt in Eigenverantwortung. Die Rahmenbedingungen indessen für eine personalisierende Gestaltung des Netzes
definiert zunehmend der Markt – und untergräbt in der Tat die Möglichkeiten der Nutzer, in Eigenverantwortung entscheiden und handeln zu können.