– Formulieren wir es allgemein: Unsere heimische Fauna braucht ihre heimische Flora. Wildbienen sind Spezialisten in der Natur! Wie die Pflanzen, die sie besuchen und nutzen, auch.
Kleine »Ökologie-Lehre«
Honig-Bienen bedienen drei Interessengruppen:
Imker
Landwirte oder Obstbauer
uns Verbraucher
Der Imker produziert Dank seiner Honig-Bienen Honig (Wachskerzen, Wachsplatten und derlei) für den Verkauf.
Einige Unterschiede zwischen den Bienen
Der Imker nutzt Bienen-Völker, die er selbst oder die andere für ihn gezüchtet haben, um eine gewünschte Produktivität zu erreichen und bestmöglich zu sichern: Die Bienen-Völker sind domestiziert (quasi handzahm), ertragreich, universell – auf die verschiedensten (Kultur-) Pflanzen – einsetzbar sowie vergleichsweise leicht zu (er-) halten und zu vermehren.
Wildbienen indessen bilden mitunter keine Staaten oder Völker. Wildbienen sind in der Regel auf bestimmte Pflanzen spezialisiert; diese angeborene Anpassung macht sie bei der Nahrungssuche weniger flexibel, weniger anpassungsfähiger als es bei der gezüchteten Honigbiene der Fall ist.
Wildbienen reagieren auf nachteilige Veränderungen ihrer Lebensräume besonders stark.[1]
[1] Biologie und Ökologie, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI). Mit Literaturquellen.
Honig-Bienen sind aus Wildbienen selektiert und weiter gezüchtet, damit sind sie ein Produkt unseres Wirtschaftens.
Solitär-Hummeln oder Wild-Bienen der Natur sind für den Imker wenig interessant: Etwa eine einzige, wenngleich fleißige Solitär-Biene dürfte in ihrem Leben kaum einen für den Imker relevanten Ertrag zusammentragen, insofern sie überhaupt Honig herstellt …
Nektar und Pollen sammelnde Bienen, die notfalls unter Einsatz ihres Lebens ihren Stock verteidigen, sind für den Imker auch nicht die richtige Wahl für sein geschäftliches Vorhaben …
Die kurze Lebenszeit einige Wildbienen von wenigen Wochen ist für den Imker ebenfalls eher »ineffizient«.
Spezialisten unter den Wildbienen, die nur oder bevorzugt bestimmte Pflanzen für ihre Nahrungsaufnahme benötigen, sind gleichfalls weniger effizient für den Imker als solche Völker, die – salopp gesagt – alles anfliegen, was nach einer Blüte ausschaut.
Die Bestäubung von Pflanzen – und die Artenvielfalt
Der Wert beider, der Wildbiene und der domestizierten Honig-Biene, er liegt in der Bestäubung von Pflanzen: bedeutsam für die natürliche Pflanzenökologie wie innerhalb der Landwirtschaft (Ackerbau, Obstanbau, Forstwirtschaft).
Ob ein Gebiet mit Wildpflanzen oder Kulturpflanzen effizient bestäubt wird, hängt weniger von der Menge der bestäubenden Insekten ab, sondern vom Artenreichtum – unter anderem von Wildbienen – in diesem Gebiet.
Die Bedeutung der Honig-Biene für die Bestäubung von Pflanzen wurde offenbar in der Vergangenheit überschätzt. Nicht Quantität, sondern eine artenreiche Vielfalt schafft einen hohen Grad an Bestäubung.[2]
Honig-Bienen sind schlicht aus bestimmten Sichtweisen des Menschen ausgewählte, gezüchtete Tiere – nicht anders als das von uns hervorgebrachte Mastschwein, die Milchkuh, das Legehuhn in der Eierproduktion.
Landwirte und Obstbauer mögen Imker! Alle diese Produzenten von Lebensmitteln wollen und benötigen zwingend eine weitestmögliche Bestäubung ihrer Pflanzen – und die Honig-Biene braucht die Pflanzen der Bauern, sei es Raps, seien es Obstgehölze.
Ein Apfelbaum ohne Bestäubung im Frühjahr wird im Herbst keine oder wenige Früchte tragen … die Ernte vieler Kulturpflanzen wäre ohne die Biene erbärmlich …
Eine nachhaltige Landwirtschaft allerdings erschöpft sich nicht in dieser Kooperation von Landwirt und Imker, von Kulturpflanze und domestizierter Honig-Biene.
Nicht nur die Artenvielfalt im Gebiet, vielmehr jede Fremdbestäubung in der Natur sorgt nachweislich für stabilere Nachkommen sowie für eine zahlenmäßig höhere Nachkommenschaft als bei einer möglichen Selbstbestäubung der Pflanzen – auch bei der Rose zeigt sich diese Regel der Natur.
Wenn die Bestäubung auch von Kulturpflanzen durch den Erhalt der Artenvielfalt bestäubender Insekten in einem Gebiet gesteigert wird, liegt es im wirtschaftlichen Interesse des Landwirtes, diese Artenvielfalt im Gebiet zu erhalten – und zu fördern.
Diese Bewahrung der Artenvielfalt im Gebiet schließt die (Wieder-) Herstellung und die nachhaltige Pflege der Lebensräume von Wild-Populationen mit ein: Artenschutz ist somit zugleich ein wirtschaftlicher Faktor innerhalb der Landwirtschaft.[3]
[3] ebenda, Quellennachweise (leider überwiegend als PDF-Dateien). Stichworte: Agrobiodiversität erhalten, Potenziale der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (…)
Wir Verbraucher profitieren demnach nicht allein durch die Kooperation der Landwirtschaft mit Imkern; wir kennen diese Bilder der Bienenkästen der Imker in Obstplantagen und in Raps-Feldern – auch aus der Werbung.
Wir profitieren vielmehr auch wirtschaftlich gesehen durch den Erhalt der Artenvielfalt in unserm Lebensraum, allein schon durch die effizientere, vom Wetter unabhängigeren Bestäubungen unserer Kulturpflanzen durch verschiedene, natürlich vorkommende Insekten.[*]
[*] Honig-Bienen benötigen für den Ausflug ausreichend warme Temperaturen; eine Vielzahl von Wildbienen und Hummeln indessen sind diesbezüglich unabhängiger. Eine frühe Bestäubung auch bei ungünstiger Witterung leisten eher heimische Wild-Insekten.
Artenvielfalt hält im gewissen Sinn auch den Preis der produzierten Kulturpflanzen stabil: Denn müsste die Bestäubung etwa von Hand (des Obstbauern oder Landwirtes) selbst erledigt werden, wäre diese »Handarbeit« wohl kaum für uns Verbraucher zu bezahlen. Selbst dann nicht, wenn akrobatisch in den Gehölzen herumkletternde Saisonkräfte aus Billiglohnländern diese Bestäubung leisten wollten (und wir dies zuließen).
Allein ein einzelner Apfel »aus Handbestäubung« dürfte für jedes Durchschnitts-Portmonee ziemlich unerschwinglich werden.
Alle profitieren durch Ökologie: Der Landwirt, der Imker und wir Verbraucher – sowie die Artenvielfalt im Gebiet.
Unsere Kulturlandschaften allerdings bieten wenig Raum für die heimische Tierwelt. Gärten und Felder sind zu oft noch »aufgeräumte« Kulturlandschaften. Für die Gestaltung dieser Räume ist die Ökologie immer noch ein Stiefkind.
Was tun?
Für den Rosengarten stellt sich die Frage nicht anders: Was also tun, will man »ökologisch« oder »naturnah« gärtnern?
Wenn Sie mit Rosen ökologisch unterwegs sein wollen, trauen Sie den Bildern nicht, auf denen Rosen und Honig-Bienen zu sehen sind.
Die Honig-Biene braucht weder die Rose noch unsere Gärten.
»Rosen-Honig« ist eher ein Exot unter den Honigen – allenfalls als werbetüchtige Leckerei zu haben aus den großen Rosenparks in deren Direktvermarktung …
Wenn Sie mit Rosen ökologisch gärtnern wollen, pflanzen Sie heimische Wildrosen. Sorgen Sie im Garten für Lebensräume für die heimische Insektenvielfalt – einschließlich der Wildbienen.
Die Angaben allein der heimischen Wildbienen werden zwar unterschiedlich benannt, belaufen sich aber in Mitteleuropa auf über 700 hundert verschiedene Arten. Für Deutschland werden Zahlen um die 570 verschiedene Wildbienen angegeben. Eingerechnet sind akut gefährdete und die als ausgestorben geltenden Populationen.[4]
Wildbienen, Deutsche Wildtier Stiftung. Ziemlich moderne Webseite mit Kurzinformationen und großformatigen Bildern.
Wildbienen, NABU Hatten, mit einigen weiterführenden Links und Literaturverweisen.
Umwelt im Unterricht, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Rückgang der Bienenpopulationen weltweit.
Eine heimische Wildrose zu pflanzen – es wäre im Garten durchaus schon ausreichend und zielführend.
Über hundert verschiedene Insekten sind Spezialisten für die Nahrungsquelle namens Rosa canina, also für unserer heimische “Hundsrose” – in all ihren Spielarten bzw. Varietäten vom Süden bis in den Norden Deutschlands.
»Bienenweide®« oder »Nektar-Garten®« indessen sind Beispiele des modernen Marktes, die nicht annähernd den ökologischen Wert haben, wie die zuvor genannte gemeine heimische Hundsrose.
Bienenrosen ist nur eines der Schlagwörter des modernen Marktes, der Trends aufgreift und verkaufen will.
So gesehen könnte jede offen blühende Rose als Bienenrose ihre Vermarktung finden. Hilfreich für die Natur ist dies nicht.
Weil diese Hundsrose seit Jahrhunderten in der heimischen Pflanzenwelt zuhause ist, bis nach Skandinavien hoch und über die Alpengrenze bis in die Mittelmeerländer, ist sie auch in der jeweils dort heimischen Tierwelt bekannt und vertraut: Sie wird gerne von dieser Tierwelt genutzt – so, wie die Hundsrose diese heimische Tierwelt benötigt.
Eine wunderbar eingewachsene oder eingespielte »Geschäftsbeziehung« der Natur – eine Ökologie aus unzähligen Generationen gewachsen.
Aus solchen Wildrosen – aus einer vergleichsweise kleinen Anzahl von Wildrosen weltweit – stammen alle unsere Kulturrosen ab – und die Honig-Bienen sind ohne die »wilden« Völker einiger, bestimmter Wildbienen ebenfalls nicht vorstellbar.
Kultur braucht Natur.
Wirtschaftlich gesehen ablesbar anhand der Effizienz der Bestäubung in artenreichen Gebieten, ferner im Gedanken, dass die Natur die allgemeine Quelle für die Anzucht unser Kulturpflanzen und Zuchttiere ist – oder schließlich bezogen auf die Bedeutung der Natur für den Bereich Tourismus und als »Raum für unsere Naherholung«.
Letzteres mag schon etwas bizarr klingen – »Raum für Naherholung«. Besagt diese Bezeichnung doch, dass wir einen »natürlichen Raum« benötigen und aufsuchen, um uns von unser eigenen, selbst geschaffenen Lebenswelt »zu erholen« …
Kein Ersatz für Wildbienen
Diese Ökologie der Wildbienen und diese Evolution von Pflanzen und Tieren allgemein findet auch im Rosengarten keinen Ersatz. Produkte des neuzeitlichen Rosenmarktes, die Ökologie als Trend aufgreifen und bedienen wollen, solche Rosen können gewiss aufgepflanzt werden, ökologisch indessen gesehen sind diese Produkte von geringer Bedeutung.
Anstatt »Bienenrose« der neuzeitlichen Zucht zu pflanzen, tun Sie der heimischen Pflanzen- und Tierwelt lieber etwas gutes, pflanzen Sie zum Beispiel ein heimisches Gehölz, eine heimische, in Ihrer Region beheimatete Wildrose.
In landwirtschaftlich gepflegten Knicks gehören ausnahmslos heimische Pflanzen, so zum Beispiel auch heimische, gebietseigene Arten der Rose.
In Projekten der Renaturierung von Flächen (Kiesabbau, Kohle-Abbau, Aufhebung versiegelter Flächen) wäre es ein Fauxpas, würden die Akteure auf »Bienenrosen« des modernen Marktes zurückgreifen!
Im öffentlichen Grün und im eigenen Garten ist dies (weitgehend) frei gestaltbar.
Das sogenannte öffentliche Grün könnte durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen, würden die Verantwortlichen aus der Natur heraus lernen und lehren, um diesen öffentlichen Raum für uns nachhaltig zu gestalten, indem Parkanlagen, Grünstreifen oder Verkehrsinseln in ihren bedeutsamen Flächen auch nach ökologischen Richtlinien gestaltet und bepflanzt würden: mit Hilfe heimischer Pflanzen – wie zum Beispiel mit den regional durchaus unterschiedlich vertretenen Wildrosen Deutschlands.[5]
[5] Wildbienen-Biologie, Einführung von Hans-Jürgen Martin. Wildbienen vs Honigbienen, ebenda [Schrift halt vergrößern]. Zahlreiche interne Verweise, so auch zu Bienen des deutschsprachigen Raumes. Eine ziemlich verspielte, exotische, unzeitgemäße Webseite in Frame verpackt und in Tabellen geschrieben: Was soll’s, keine direkte Link-Setzung auf Unterseiten möglich: empfehle aber den Listenpunkt im Menü: externe Verweise ebenda – mit zahlreichen, weiterführenden Seiten …
Eine kleinbleibende Spinosissima im Heckenverbund, eine Rosa mollis zum Nachbargrundstück, eine “Hundsrose” gar solitär inmitten des gepflegten Rasens vom Garten oder Park? Die “Dünen-Rose” entlang einer Stadtstraße, die “Vogesen-Rose” inmitten einer Verkehrsinsel auf Fehmarn, die “Acker-Rose” entlang einer Landstraße am Feldsaum?
Wir müssten unseren Blick diesbezüglich schulen.
Einen Platz findet sich immer, will man »naturnah« Gärtnern – auf meinen Seiten heißt dies: Gärtnern mit Rosennah an der Natur …
Nicht die Honig-Biene braucht irgendwelche »Bienenweiden« oder »Nektar-Gärten«, vielmehr braucht die heimische Tierwelt ihre Pflanzenwelt, wie diese Pflanzenwelt ihre vertrauten Partner braucht: Wildbienen und Co.
Hierbei profitieren alle: Die sogenannte Natur und der Mensch.
Diese Partnerschaften zu fördern macht sogar Spaß! Und: Es ist dabei schön anzusehen![6]
Wer Schmetterlinge mag, lasse halt auch einige Brennnessel im Garten stehen … wer die heimischen Wildbienen mag, pflanze halt heimische Gehölze – bei Rosen etwa diejenigen Arten, die hier bei uns zuhause sind.
Wer gar von einer Gefährdung heimischer Flora und Fauna hört oder liest, werde selbst aktiv …
Es bliebe und bleibt im Garten immer noch genügend Platz für allerlei gärtnerische Ambitionen, die wir in der Geschichte der Gartenkultur und in dieser Welt finden – zum Beispiel für das Pflanzen von meinetwegen jenen »Bienenweiden®« und »Nektar-Gärten®« des Rosenmarktes, wenn diese Rosen denn gefallen … für »Edelrose« und »dauerblühende Floribunda« … für gebietsfremde Wildrosen oder deren Kreuzungen … für dichtgefüllte Rosen aller Art – ohne jeglicher (oder doch nur mit geringer) ökologischer Funktion.
Durchaus denkbar, dass unsere Gärten und der öffentliche Raum zu einem bedeutsamen und zu einem zusammenhängenden Lebensraum für unsere heimische Flora und Fauna werden könnten – und zugleich die Geschmäcker der jeweiligen Zeit treffen.
Über alle unsere persönlichen Gartenzäune hinweg Lebensraum gestalten: Für uns, für Wildbienen, Honigbienen und Co.