Liebhaberzucht – neue Wege, die Vielfalt der Rosen zu entdecken …
Diverse Wettbewerbe der sogenannten Hobbyzucht finden jedes Jahr statt; so in Baden-Baden. Im einen und andern E-Mail-Verkehr mit Kunden, stellte sich so mancher als Vertreter dieser Zunft heraus. Züchten von Rosen im Hausgarten – warum nicht. Wir Rosenbauern sind da nicht besser. Knud Peddersen aus Dänemark erzählte uns bei unserem Besuch vor Jahren stolz, dass er zum Ziel habe, eine gestreifte Spinosissima-Hybride zu züchten. Ein Freund meiner Frau züchtete ebenfalls fleißig im Garten – nebenberuflich halt. Einige seiner Sorten sind hier aufgeführt.
Meine eigenen führe ich mit einer gewissen Scham auf, denn ich war alles mögliche, nur nicht sorgfältig; so weiss ich nicht, was noch eigener Sämling ist und was nur ein Sport. Im Zweifelsfalle ordne ich sie unter “Fundrose” oder unter Sport – oder lasse sie weg. Meine Zucht entsprach demnach den Praktiken des 19.Jh.: Keine Dokumentation von gar nichts; keine Eltern aufgeschrieben, vieles der Natur überlassen und am Ende bestenfalls eine taugliche Rose für die Gärten … für den Verkauf …
Das Wort »Hobbyzüchter« mag ich nur bedingt; es ist nett, enthält aber auch eine Abstufung. Alle haben irgendwann einmal angefangen
– und so manche Rosen aus renommierten Züchter-Werkstätten sind schlechter als so manche Rose aus dem »Hobbygarten«.
Auch hier ist es eine Frage des Geschäfts: man muss nicht alles gleich vermarkten (wollen), sobald man aber davon lebt, schreit der Markt jedes Jahr nach »neuen Sorten« – und als Profi-Zucht-Betrieb muss man da mitgehen, den Markt bedienen, will man bestehen:
Jedes Jahr »neue Sorten«, die Geld erwirtschaften sollen und müssen.
Tut nicht wirklich Not, dieser wirtschaftliche Druck von Seiten irgendwelcher Züchter-Häuser auf die Garten-Kultur dieser Pflanze …
Ob man die Lizenzierung einer eigenen Rosenzucht angehen will, sollte man seiner selbst willen als auch hinsichtlich der Kultur der Rose zunächst und lieber mit »NEIN« beantworten.
Sowohl finanziell gesehen als auch hinsichtlich des Arbeitsaufwandes macht jede Lizenzierung eines Produktes in der Vermarktung ordentlich Druck.
Denn sobald man für das eigene Produkt, für die selbst gezüchtete Rose einen Euro sehen will, geht das nicht mehr ohne Kontrolle der Vermehrung und des Vertriebs – und zwar weltweit. Die Rosenmärkte (wie die Gärtner/-innen halt auch) sind heute weltweit unterwegs. Einen solchen Apparat der Kontrolle und Verwaltung der eigenen Zucht aufzubauen und zu unterhalten, es war und ist nicht meines … und Gott sei Dank auch nicht Ziel und Wille der vielen Züchter, die im Kleinen Großes vollbringen und so manche schöne Rose auf den weltweiten Markt brachten, ohne eigenen Lohn in barer Münze erwirtschaftet zu haben.
Karl Baum war ein solcher Züchter. ‘Rotes Phänomen’, ‘Schneekoppe’ und ‘Schneezwerg’, ‘Monte Rosa’, ‘Monte Casino’ sowie ‘Rotes Meer’ sind recht bekannte Rugosa-Hybriden von Baum und weltweit in Kultur.
Nicht unbedingt die robusteste ist seine Kletterrose ‘Goldfassade’, jedoch seit 1967 bis heute in Kultur.
Nach seinem Tod (2004) hat seine Tochter Jahre später bei mir Sorten des Vaters gekauft. Die Rosen waren der Familie nicht mehr verfügbar. Dies macht schon nachdenklich und etwas traurig.
Vielleicht gesellt sich aus den Rosen hier – oder allgemein aus der »Hobbyzucht« – ebenfalls weitere Rosen hinzu, die Beachtung und mehr Verbreitung finden … und einen etwas dankbareren Platz in der Rosenkultur.
Hilfreich für diese Verbreitung tauglicher Sorten aus der »Liebhaberzucht« wäre es,
wenn die Rosenliebhaber/-innen etwas mutiger und gut informiert auch solche Rosen wahrnehmen könnten und pflanzen wollten.
Hier sind die Wettbewerbe wie in Baden-Baden nur ein Weg … ein weiterer Weg wäre: die Bewertungskriterien von Neuheitenzüchtungen könnte man zum Beispiel einmal kritisch hinterfragen. Angelehnt an dem, was ohnehin auf dem Markt präsent ist, räumen sie nicht gerade Platz ein für kreative Köpfe in der Zucht …
In meiner Laufbahn habe ich so manche engagierte Züchter/-innen kennenlernen können, die nicht bloß »noch dichter gefüllte Blüten« oder derlei als Ziel formulierten, sondern – im ersten Blick recht bescheiden wirkend – nach Wildrosen Ausschau hielten, die in der Rosenzucht der vergangenen 200 Jahre eher stiefmütterlich behandelt wurden, jedoch ein hohes Potenzial haben könnten für Zuchtlinien, die den Fokus nicht primär auf markttauglich erscheinende Blütentypen mit saisonal wiederholter Blüte
legen.
Ein Herr – aus Nordrhein-Westfalen, wenn ich es recht erinnere – sammelte die mehr oder weniger bekannten Eltern der Damaszener-Rosen mit dem Ziel, die Entstehung dieser Rosenklasse nach zu züchten – quasi im Hausgarten und im »Zeitraffer«. Ziemlich ehrgeizig! Und irgendwie auch innovativ: Wer weiß schon im Vornherein zu sagen, was aus einem solchen Vorhaben entsteht …
Allgemein betrachtet wäre wenigstens eine regionale Präsenz dieser »Hobbyzüchter« geeignet,
die Dominanz etablierter, großer Züchter-Werkstätten des Marktes etwas zurecht-zu-ruckeln,
deren lizenzierten Rosen mir etwas überpräsent sind – und damit auch deren Bild einer »guten Rose«.
Weltweit werden diese Bilder aus Zucht und Vertrieb herumgereicht, kraft einer finanziell und sprachlich mächtigen Bewerbung der je hauseigenen Zucht (etwa via Lizenzvergabe, angegliederten Shops, Kataloge und Literatur). So verarmt der Blick auf die Vielfalt der Rose durch diese Dominanz weniger Häuser doch arg, wie ich bei Führungen durch unsern Garten immer wieder feststellen muss.
Prominente Marktbegriffe und Verkaufsstrategien aber machen doch bitte keine Gartenkultur …
Mitunter erscheinen mir die selbstauferlegten Qualitäts- und Eigenschaften-Merkmale junger, kleiner Züchter/-innen innovativer und auch strenger zu sein als bei den – notgedrungen? – am Mainstream entlang produzierenden »namhaften« Zuchtbetrieben der Rosenwelt, die mitunter als derart »renommierte« Züchter recht gefahrlos auch so manch fragwürdiges Produkt feil bieten und feil bieten können: Ein junges, aufstrebendes Unternehmen indessen muss da schon mehr leisten …
Zwei Beispiele aus der Liebhaberzucht – vielleicht ist es ein schöneres Wort als das Wort »Hobbyzucht« – seien hier einfach genannt, ein Zufallssämling von Frau Schade namens “Stine” und eine Wildrosen-Hybride von Lens, beide Rosen die Eigenschaften eines (wenngleich nicht immer präsenten) duftenden Laubes und ebensolcher Blütenkelche haben.
Es wäre zu einfach, würde man solche Rosen-Neuheiten rasch und einfach unter »Moosrosen« ordnen – und sie damit gleichsam verstecken!
Duftlaub-Rosen, die blühen und fruchten – ein saisonaler Genuss ohne Wartezeiten …
Duftendes Laub bei Rosen ist doch wunderbar, nicht nur bestimmt für die sommerliche Saison, vielmehr schon für das Frühjahr, ab dem ersten Austrieb der Rosen, also schon Anfang Mai: Der Liebhaber könnte mit Beginn der Saison genießen – den Duft des jungen Rosen-Laubes.
Einige Damaszener haben diese Eigenschaft im Laub zu duften – und für ein »innovatives« Zuchtprogramm von im Laub (und Blütenkelch) duftenden Rosen böte so manche Wildrose oder Naturhybride einen prima Grundstock, wie etwa die »köstliche« Natur-Kreuzung aus R. villosa und R. rubiginosa.
Es wäre ein mutiges Zuchtprogramm, auf solchen Wildrosen Zuchtlinien aufzubauen, die das Rosenlaub in den Blick nehmen – und nicht allein irgendeine Rosenblüte … da haben wir nun wahrlich Varianten genug.
Solche Zuchtlinien wären dann durchaus geeignet, den Blick der Liebhaberei auf die Rosenwelt einmal mehr zu weiten und die Vielfalt der Rose einmal mehr in den Blick zu rücken … für die Gestaltung von Gärten und Parks.
Der Duft des Rosenlaubes ist nicht neu, gewiss aber wieder zu entdecken … wie so vieles in den Welten der Rosen.
Rosen ohne Wartezeiten – es sind heute schon Arten und Sorten verfügbar – kleine und große Schatzkammern eines jeden Rosengartens …